Chronik/Oberösterreich

70.000 Oberösterreicher sind Analphabeten

Fünf Prozent der Oberösterreicher sind Analphabeten. Die meisten unter ihnen können zwar formal lesen und schreiben, jedoch sind sie mit dem Erfassen des Textsinns völlig überfordert. Sie fallen unter die Gruppe der "funktionalen" Analphabeten.
"Das liegt einerseits zum Teil an einem Mangel in der Erstausbildung. Andererseits gibt es auch einen Stock an gering qualifizierten Menschen ohne Schulabschluss, die sich durch das Leben schummeln", erläutert Christoph Jungwirth, der Vorsitzende des Erwachsenenbildungsforums Oberösterreich und Geschäftsführer des Berufsförderungsinstituts Oberösterreich. Eine große Gruppe sind auch die sogenannten "sekundären" Analphabeten. "In ihrer Lebenspraxis spielen Lesen und Schreiben keine Rolle. Dadurch bilden sich die Kenntnisse zurück", sagt Fritz Bauer, Bildungsexperte der Arbeiterkammer.

Schulsystem

Jungwirth macht für die Misere auch das derzeitige Schulsystem mitverantwortlich: "Meiner Meinung nach soll verstärkt auf das Individuum und seine Bedürfnisse eingegangen und nicht selektiert werden." Allerdings sei neben der Schule auch das Elternhaus gefragt. Bauer plädiert für die Einführung einer Ganztagsschule, um das Problem der Analphabeten zu beseitigen.
"Den Eltern kommt, weil die Schule größtenteils halbtags stattfindet, eine große Rolle beim Lernen zu. Wenn das soziale Umfeld die nötigen Kompetenzen hat, geht das auch gut."
Allerdings gebe es auch Väter und Mütter, die ihren Kindern nichts beibringen können oder wollen, wobei das der kleinere Teil sei.
Laut Bauer sollen Voraussetzungen geschaffen werden, die positive Erlebnisse beim Lesen bieten."Das Entdecken von Neuem sollte ein Wert sein, der Spaß macht, auch für Menschen die im Alltag nicht Lesen müssen", sagt der Arbeiterkammer-Experte.