64 historisch belastete Straßennamen in Linz
Von Petra Stacher
In Linz existieren 1.158 offiziell benannte Verkehrsflächen. Knapp die Hälfte davon – nämlich 566 – tragen den Namen einer Person. Dass hier der eine oder andere umstrittene Namensgeber darunter ist, war schon länger klar. Nun hat die „Linzer Straßennamenkommission“ 64 Personen mit fragwürdigem Hintergrund identifiziert.
Bereits im Juli 2019 hat der Linzer Gemeinderat beschlossen, eine Historikerkommission mit einer Untersuchung der Straßennamen zu beauftragen, stamme doch der überwiegende Teil der Namen aus einer Zeit, die mehrere Jahrzehnte, teils mehr als 100 Jahre, zurückliegt. „Im Gegensatz zu anderen österreichischen Städten haben wir den Auftrag sehr breit gefasst“, sagte Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ). Neben den Schwerpunkten Antisemitismus und Nationalsozialismus sollte demnach alles untersucht werden, was gegen eine Person spreche. „Deshalb sind zum Beispiel auch Ärzte darunter, die unethische Versuche angestellt haben“, erklärte Walter Schuster, Leiter des Stadtarchivs sowie der beauftragten Kommission, der ebenfalls bei der Präsentation des Berichts anwesend war.
Drei Kategorien
1.849 Seiten ist dieser lang. „Insgesamt wurden Recherchen zu 184 Personen gemacht. Für 96 wurde eine detaillierte Biografie verfasst. 64 dieser haben tatsächlich einen problematischen Hintergrund“, fasste der Bürgermeister zusammen.
Konkret wurden sie mittels einstimmigen Beschluss der Kommission in drei Kategorien eingeteilt: Vier Personen „schafften“ es in die erste und damit problematischste. „Aktives Handeln und extrem starke Propagierung von gruppenspezifischer Menschenfeindlichkeit“ wird ihnen vorgeworfen.
Frauenanteil
Unter den 64 belasteten Namensgebern sind 61 Männer und drei Frauen. Generell sind nur 8,7 Prozent der 566 nach Personen benannten Straßen in Linz „weiblich“.
23 Namensgeber wurden als ehemalige Mitglieder der NSDAP identifiziert. In Salzburg – mit gleichvielen Straßen – sind 44 ehemalige NSDAP-Mitglieder Namensgeber.
So dem Komponisten Hans Pfitzner, „der radikaler Antisemit war“; Konstrukteur Ferdinand Porsche, der „eine zentrale Rolle in der NS-Kriegswirtschaft spielte und Zwangsarbeit von KZ-Häftlingen anordnete“; Unterhaltungskünstler Franz Resl, der unter anderem antisemitische Karnevals-Umzüge geplant haben soll; und Bischof Johannes Maria Gföllner, der „1933 in einem Hirtenbrief den Antisemitismus propagierte“.
Gleißner und Raab
In der nächsten Kategorie 2 sind 21 Namen zu lesen. Darunter Franz Dinghofer, Ex-Landeshauptmann Heinrich Gleißner, Ex-Kanzler Julius Raab und Dichter der oö. Landeshymne Franz Stelzhamer. Stufe 3 beschäftigt sich mit 39 Personen, die eher „punktuell verbal NS-Propaganda“ betrieben haben, so Schuster.
Weiter hat die Kommission noch 32 weitere verdächtige Namen gefunden, zu denen es aber keinen Diskussionsbedarf gebe, beziehungsweise fehle zu einer Person die „Quellenlage“.
Aufwand
Wie in anderen österreichischen Städten stellt sich nun auch in Linz die Frage, wie damit umgehen.
Luger blieb dahingehend eine konkrete Antwort schuldig: „Mit heute liegt allen Stadtsenatsmitgliedern der Bericht vor. Jeder muss sich nun ein Bild machen. Bis Jahresende soll ein Prozedere feststehen“, sagte er. Bei den vier Fällen der Kategorie 1 werde man aber wohl über eine Umbenennung diskutieren müssen. „Dass das für die Bewohner der Straßen einen Aufwand bringt, ist klar.“ An den restlichen, weniger problematischen Straßen könnte eine Zusatztafel oder ein Verweis mittels QR-Code genügen.
Dass es die letzte Erhebung für Linz war, glaubt der Bürgermeister nicht. Seit 1869 werden Straßen amtlich benannt, damals gab es andere gesellschaftliche Vorstellungen und Gesinnungen. „Wer weiß, welche Straßennamen in 50 Jahren zur Diskussion stehen.“