Zwei Kinder im Bezirk Tulln getötet: Mutter geständig
Als der Ehemann einer 36-Jährigen aus Absdorf in Niederösterreich den Polizeinotruf wählte, war es schon zu spät. Seine Frau hatte ihm am Montagvormittag mitgeteilt, dass sie die beiden Kinder getötet habe und nun Suizid begehen werde.
Noch während eine Polizeistreife zu dem Einfamilienhaus raste, machten sich zwei Notarzthubschrauber des ÖAMTC auf den Weg zum Einsatzort. Doch die Notärzte konnten für die beiden Kinder – sieben Monate und sieben Jahre alt – nichts mehr tun, die Reanimationsversuche blieben erfolglos.
Mit Auto gegen Baum gefahren
Unterdessen wurde das Auto der Tatverdächtigen entdeckt. Sie war gegen einen Baum gefahren und erlitt dabei Verletzungen unbestimmten Grades. Laut Johann Baumschlager, Sprecher der Landespolizeidirektion Niederösterreich, wurde die 36-Jährige nach der Erstversorgung festgenommen. Laut Polizei hat die Frau die Tat gestanden. Die weiteren Ermittlungen werden vom Landeskriminalamt Niederösterreich geführt. Die Tatortgruppe war am Montag ebenfalls vor Ort, um Spuren zu sichern.
"Keine Monster"
In der 2.400 Einwohner zählenden Marktgemeinde im Bezirk Tulln herrscht nach der schrecklichen Tat Schock und Fassungslosigkeit. „Wir sind erschüttert, wie so etwas passieren kann. Es ist alles sehr schrecklich“, sagt Bürgermeister Franz Dam.
Es ist vor allem eine quälende Frage, die die Ermittler, Verwandten und auch die Nachbarn der Familie nach der Tragödie beschäftigt: die Frage nach dem Warum. Claudia Klier ist Leiterin der Pädiatrischen Psychosomatik an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien – und hat zum Thema Kindstötungen, in der Fachsprache als Filizide bezeichnet, geforscht.
„Es ist wichtig, dass die Täter nicht als Monster dargestellt werden. Um begreifen zu können, was passiert ist, müssen vor allem die Hintergründe aufgearbeitet werden“, sagt Klier im Gespräch mit dem KURIER.
Unterschieden werde in der Forschung zwischen jenen Fällen, bei denen ältere Kinder getötet werden, und jenen, wo es Kinder unmittelbar nach der Geburt trifft. „Das kommt nur sehr selten vor. Als Ursache dafür kommt zum Beispiel eine verdrängte Schwangerschaft infrage“, erzählt die Expertin. Die unmittelbare Umgebung der Frau könne dabei oftmals gar nicht rettend eingreifen, weil es keine offensichtlichen Warnsignale vor der Tat gibt.
Werden ältere Kinder zu Opfern, kann dies etwa an einer psychischen Erkrankung der Täter liegen, sagt Klier. „Es ist möglich, dass diese Erkrankungen im Vorfeld nicht richtig behandelt oder gar nicht erkannt worden sind.“
Im aktuellen Fall von Absdorf sprechen Experten von einem „erweiterten Suizid“. Die Täter wollen nicht nur selbst sterben, sondern auch ihre Kinder vor einer „fürchterlichen Welt retten“. „Sie wollen sie nicht zurücklassen“, sagt Klier.
Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u.a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133)
In Österreich gibt es einige Stellen (siehe oben), die bei psychischen Ausnahmesituationen den Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Die Telefonseelsorge (Rufnummer 142) ist rund um die Uhr erreichbar, die Frauenhelpline (0800 222 555) steht ebenfalls in Akutsituationen zur Verfügung. .
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