Wohnbau-Krimi: Drahtzieher vor Monsterprozess festgenommen
In der Causa um die ehemals gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft „die Eigentum“, die mit Forderungen von knapp 50 Millionen Euro in die Pleite schlitterte, startet am 30. September mit einem Jahr Verspätung der Monsterprozess am Landesgericht Wiener Neustadt.
Bevor es am kommenden Montag aber soweit ist, ist der Hauptangeklagte Wolfgang U. diese Woche erneut in U-Haft genommen worden. Der frühere Geschäftsführer der inzwischen insolventen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft galt laut einem Gutachten von Juni als verhandlungsunfähig. Er befand sich zuletzt auf freiem Fuß.
Wegen Tatbegehungsgefahr wurde am Mittwoch allerdings die U-Haft verhängt, sagte Gerichtssprecher Hans Barwitzius am Freitag auf APA-Anfrage. Die Verteidigung hat gegen diese Entscheidung Beschwerde eingelegt.
Der ehemalige Geschäftsführer war im September 2022 in U-Haft genommen worden, wegen seines schlechten Gesundheitszustandes wurde er jedoch im Oktober 2023 aus der Justizanstalt entlassen. Ein vom Gericht bestellter Sachverständiger attestierte dem 65-Jährigen heuer im Juni Verhandlungsunfähigkeit. Eine neuerliche Begutachtung erscheine in frühestens einem Jahr als sinnvoll, hieß es in dem Gutachten.
Wolfgang U. wurde observiert
Auf Basis einer einwöchigen Observation des Mannes im Sommer beantragte die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) erneut eine Festnahme, weil die gesundheitlichen Einschränkungen nicht mehr vorliegen würden. Für den 65-Jährigen klickten zu Wochenbeginn deshalb erneut die Handschellen.
Der U-Haft-Beschluss wurde von der Verteidigung angefochten. Rechtsanwalt Michael Dohr übte scharfe Kritik an der Vorgehensweise. Er bemängelte unter anderem, dass kein neues Gutachten vorliege. Ein solches wurde nach Gerichtsangaben beauftragt.
Als einst gemeinnützige Wohnbaugesellschaft realisierte "die Eigentum" mit Fördergeldern der öffentlichen Hand "leistbaren Wohnraum“. So sind alleine in Wien 600 geförderte Sozialwohnungen entstanden. Nach dem Wechsel des Firmensitzes 2014 von Wien nach Vösendorf (NÖ) wurde die NÖ Landesregierung in der Causa rasch stutzig.
Dem Unternehmen wurde wegen einer Vielzahl an Verfehlungen die Gemeinnützigkeit aberkannt. Auf Basis zweier Verkehrswertgutachten über ihr Liegenschaftsvermögen sollte "die Eigentum“ eine Abschlagzahlung in der Höhe von 53,24 Millionen Euro an das Land NÖ leisten. Bezahlt wurden aber nur 6,6 Millionen Euro.
Beschuldigt werden im Zuge der Schöffenverhandlung sechs Personen und vier Unternehmen. Der Hauptanklagepunkt ist betrügerische Krida, vier Mitangeklagte sollen als Beteiligte fungiert haben. Dem 65-Jährigen werden auch die Vergehen des falschen Vermögensverzeichnisses und der Fälschung besonders geschützter Urkunden vorgeworfen.
Gemeinnützigkeit aberkannt
Ein Beschuldigter muss sich wegen falscher Zeugenaussage verantworten. Der 65-Jährige soll u.a. gemeinnützige Wohnungen weit unter ihrem Wert verkauft haben. Außerdem sollen unbesicherte Darlehen vergeben worden sein. Insgesamt sind zwölf Prozesstage bis 27. November geplant.