Wenn der Rabbi das Müsli koscherisiert
Von Julia Schrenk
Der Mensch ist, was er isst", sagt Rabbi Shneor Havlin. So einfach erklärt er, warum Juden koscher essen (siehe unten). Der 38-jährige orthodoxe Rabbiner aus Dresden stapft durch die Produktionshalle der Gutschermühle in Traismauer (Bezirk St. Pölten-Land). "Ist das jetzt eine andere Schokolade als beim letzten Mal?", fragt er den Qualitätsmanager. Nein, ist es nicht, alles wie gehabt.
Bis zu sechs Mal im Jahr wird die Müsliriegelproduktion in der Gutschermühle von Familie Prokop "koscherisiert", wie der Rabbi sagt. Vier Sorten Müsliriegel wurden beim Besuch des Rabbis produziert: Vanilla-Crisp, Dunkle Schokolade, Red Fruits und Trüffel. Damit gewährleistet ist, dass die gesamte Produktion koscher ist, muss der Rabbi während der gesamten Produktion anwesend sein. Er kontrolliert alle Rohstoffe, überwacht die Produktionsschritte, liest die Verpackungen Korrektur. "Ich komme gerne hierher", sagt Rabbi Havlin. "Die Firma ist zuverlässig."
Strikte Regeln
Seit zehn Jahren werden in der Gutschermühle von Familie Prokop koschere Müsliriegel für den israelischen Markt produziert. Dafür kommt Rabbi Havlin bis zu sechs Mal im Jahr nach Niederösterreich.
24 Stunden lang darf vor der koscheren Produktion kein nicht-koscheres Produkt über die Anlage laufen. Die Wasserwannen in der Produktionshalle müssen mit siedendem Wasser gereinigt oder mit Feuer abgeflammt werden. Am Sabbat (von Freitagabend nach Sonnenuntergang bis Samstagabend nach Sonnenuntergang) darf nicht produziert werden. Und bevor der Rabbi nicht anwesend ist, darf die Produktion gar nicht erst nicht beginnen. Mehr als zwei Millionen Müsliriegel liefert die Gutschermühle pro Jahr nach Israel.
2009 wurde die Gutschermühle an das Schweizer Unternehmen HACO gekoppelt, drei Fabriken produzieren für HACO Müsliriegel, darunter auch der Familienbetrieb von Heinrich Prokop in Traismauer.
Gemeinsam stellen die drei Firmen 20.000 Tonnen Müsliriegel pro Jahr her – über eine Milliarde Stück. In Traismauer werden 150 Millionen Riegel pro Jahr produziert und in 20 Länder verkauft. Zu den Kunden zählen bekannte heimische und internationale Unternehmen. "Das klingt beeindruckend, aber da kann man auch viel falsch machen", sagt Firmenchef Heinrich Prokop. Aber, der Chef kennt sich aus: "In Großbritannien essen sie gern Müsliriegel mit Marshmallows, in den USA mit Erdnüssen, in Österreich die mit Schokolade", sagt Prokop. Sein Lieblingsmarkt ist die Schweiz: Die Schweizer essen pro Kopf und Jahr satte 12 Kilo Müsli. "Die essen also ständig und überall", sagt Prokop und grinst.
Koscher sind Lebensmittel, die laut den jüdischen Speisegesetzen für den Verzehr erlaubt sind. Speisen und Lebensmittel werden in fleischig, milchig und neutral unterteilt. Wer das streng umsetzt, trennt auch Küchengeräte, Geschirr oder die ganze Küche. Um sicherzustellen, dass Lebensmittel tatsächlich koscher sind, werden sie zertifiziert.