Chronik/Niederösterreich

Weinviertlerin golft sich zu den Olympischen Spielen

„Glück ist ein langer Weg mit dem Putter.“ Diesen Satz hat Emma Spitz Anfang der Woche in ihren sozialen Netzwerken verbreitet, nach dem sie vom Golfturnier der Ladies European Tour (LET) aus Tschechien zurückgekehrt war.

Was war geschehen?

Die 24-jährige Weinviertlerin lag nach neun gespielten Löchern weit abgeschlagen auf Position 117, drei Tage später beendete sie das Topturnier als Sechste. Damit stieß Österreichs Nummer eins erstmals in die Top 10 der Saisonwertung vor.

Die Form scheint zu stimmen vor dem Golf-Sommer, der mit den Olympischen Spielen in Paris ein ganz besonderes Highlight parat hält. Dass Spitz im Le Golf National vor den Toren der französischen Hauptstadt abschlagen wird, steht außer Zweifel. Vom Stellenwert des Megaspektakels kann ihr Lebenspartner, der Tennisprofi Gerald Melzer, ein Lied singen – jedoch ein leidvolles. „Gerald hatte einmal die Chance auf Olympia“, erzählt Spitz beim Treffen mit dem KURIER, „aber er hat sie nicht wahrgenommen. Und jetzt bereut er es.“

„Den perfekten Golfschlag gibt es nicht, aber man kann ihn daher immer wieder versuchen.“

Emma Spitz

Mut zum Risiko

Bereut hat sie bisher noch wenig. Weder den Gang auf das College in Los Angeles („Es ist ganz gut, mal von zu Hause weg zu sein und sein eigenes Leben zu leben, um herauszufinden, was einem gefällt und was nicht“) noch den frühen Umstieg ins Profilager.

Dieser Mut zum kontrollierten Risiko soll künftig auch auf dem Golfplatz sichtbar werden. Spitz’ Stärke ist ihre Konstanz, „aber meine Bälle müssen näher zur Fahne“, sagt sie, die lange genug dabei ist, um jene Golf-Regel zu kennen, die einige wenige motiviert, aber viele deprimiert: „Den perfekten Golfschlag gibt es nicht, aber man kann ihn daher immer wieder versuchen.“

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Sie versucht es, seit sie sieben Jahre alt ist. Damals wurde das einstige Ferienhaus der Eltern in unmittelbarer Nähe des Clubs Schönborn zum Hauptwohnsitz der Familie – und die Golfanlage zum Spielplatz. Dass es Spitz zur aktuell besten Golferin des Landes geschafft hat, schien daher nur eine Frage der Zeit gewesen zu sein, selbstverständlich war es dennoch nicht. Ihr Vater hielt Golf zu Beginn „nicht für einen richtigen Sport“, weshalb sie vieles ausprobieren durfte. Eishockey gefiel ihr. Den Puck für den Putter eingetauscht hat sie letztlich auch deshalb, weil alle in der Familie, auch der Vater, „irgendwann mit dem Golf-Virus infiziert gewesen sind“.

Es ist eine gute Anekdote für die große Erzählung einer Profikarriere, aber bloß die Entscheidung für eine Sportart reicht noch nicht aus, um es an die Spitze zu schaffen. Erst recht nicht in einem Weltsport wie Golf, der im GC Schönborn ebenso praktiziert wird wie in San Francisco, Sydney oder Seoul.

Der Profibetrieb ist ein harter Ausleseprozess, im Frauen-Bereich kann wirklich nur die absolute Spitze gut von den ausgeschütteten Preisgeldern leben. Das Gesamtpreisgeld bei den meisten Turnieren auf der Ladies European Tour beträgt 300.000 Euro – so viel streift im Männer-Golf mitunter der Caddie nach einem Turniersieg seines Spielers, dem er assistiert, ein. „Wenn du immer um Top 20 bist, ist es auf Dauer zu wenig. Da fehlen dir dann einfach die Big Points für die Rangliste“, weiß Spitz.

Die Niederösterreicherin (*10. April 2000) gewann 2018 das wichtigste Nachwuchsturnier in Europa. 2021 wurde sie Dritte beim Amateur-Turnier in Augusta. Als Fünfte der Amateur-Weltrangliste stieg sie im August 2022 ins Profilager um. Drei Mal qualifizierte sich Spitz bisher für eines der fünf Major-Turniere. 

Hartes Lehrjahr

22 Wochen war sie 2023, in ihrem ersten vollen Jahr als Profi, bei Turnieren unterwegs. Es sei ein hartes Lehrjahr gewesen, wie sie rückblickend zugibt: „Ich will jetzt nicht sagen, ich habe es mir leichter vorgestellt, aber ich habe im Jahr davor auf Einladung gespielt. Und da ist es relativ gut gegangen, daher habe ich halt gedacht, das geht jetzt gleich so weiter. So ist es nicht passiert.“

Spitz gilt noch immer als Zukunftshoffnung in Österreich, als Amateurin wurde sie nicht selten „Supertalent“ oder „Wunderkind“ genannt. Sie gewann einst das wichtigste Nachwuchsturnier in Europa, studierte und trainierte mit Stipendium in Kalifornien, schlug im ehrwürdigen Augusta ebenso ab (Rang drei) wie beim Junior-Ryder-Cup. Olympia kann also kommen.