Chronik/Niederösterreich

Vom Gefängnis in den Heiligen Krieg? Häftling warb für den Islamischen Staat

Was ist Show? Was ist ernst gemeint? Die Unterscheidung fällt nicht leicht im Fall von Ali D. Nach sechs Vorstrafen – wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, einer kriminellen Organisation, wegen Körperverletzung, Nötigung, Suchtgifthandels und Verstoßes gegen das Waffengesetz – gibt sich der 24-Jährige geläutert. „Der IS ist schlecht, weil es nur um Politik geht. Das habe ich leider zu spät erkannt“, sagt er.

Das war nicht immer so. Weil er für den IS (Islamischen Staat) geworben und aufgerufen haben soll, mit ihm in den Dschihad (Heiliger Krieg, Anm.) zu ziehen, wurde er verurteilt. Im Gefängnis soll er Mithäftlinge wieder dazu aufgefordert und bedroht haben, sollten sie nicht mit ihm beten.

"Krieg ist falsch"

Auch eine Sozialarbeiterin berichtet, der 24-Jährige habe versucht, sie für den Heiligen Krieg zu begeistern. „Stimmt nicht. Mir ist egal, was die anderen machen, solange sie mich in Ruhe lassen“, weist Ali D. die Vorwürfe zurück.

Krieg sei falsch, habe er erkannt. Den Dschihad verstehe er nicht als gewalttätige Bewegung: „Es geht um deine Seele, die fünf Säulen des Islam zu befolgen.“ Welche das sind? „Fasten, spenden, nach Mekka gehen, … die anderen fallen mir jetzt nicht ein. Kann passieren.“

„Euer Gesetz“

Ob er sich die Scharia (islamisches Recht, Anm.) in Österreich wünsche, wie in sozialen Medien geäußert, fragt die Richterin. „Es wäre besser“, lautet die klare Antwort. „Was ist die Scharia?“, hakt die Vorsitzende nach. „Unser Gesetz, das im Koran steht“, antwortet der österreichische Staatsbürger.

„Und warum ist sie besser als das österreichische Gesetz?“ – „Euer Gesetz, dazu will ich nichts sagen.“

Terroranschläge habe er „früher gut gefunden, wenn sie einen politischen Hintergrund haben. Heute finde ich es falsch, Unschuldige zu töten.“ Verständnis habe er für Gewalt gegen Tyrannen. „Assad in Syrien oder Putin in Russland müssen gestoppt werden. Sie sind unmenschlich“, befindet der 24-Jährige.

"Viel Zeit, nachzudenken"

Den Krieg in der Ukraine hatte er allerdings auch schon befürwortet. Argument: „Da bringen sich die Christen gegenseitig um.“

Warum er seine Meinung geändert habe, will die Vorsitzende noch wissen. „Seit meiner Verlegung in die Justizanstalt Stein habe ich keinen Fernseher und viel Zeit, nachzudenken“, sagt Ali D. Dazu bekommt er weiter Gelegenheit: Zur Einholung eines psychiatrischen Gutachtens wird der Prozess vertagt.