Noch keine Entspannung: Trinkwasser verseucht, Straßen überflutet
Das Donau-Hochwasser ging – die Probleme bleiben. In Stockerau (NÖ) gibt es Bakterien-Alarm im Trinkwasser. Nach der Analyse des Leitungswassers musste noch am Montag eine Brunnen-Anlage gesperrt werden. Die Gemeinde gab eine Warnung heraus, dass das Wasser bis auf Widerruf kein Trinkwasser ist und dass es vor dem Genuss drei Minuten abzukochen sei. Duschen oder Baden sei bedenkenlos.
Mehr als 10.000 Bewohner in der Stadt und in Orten in der Umgebung sind betroffen. Das Wasserwerk setzte Chlor zur Desinfektion ein. Bis das Trinkwasser bis zum letzten Wasserhahn allerdings keimfrei ist, können noch Tage vergehen. Bis dahin werden die Kinder in den Kindergärten und die Bewohner der Pflegeheime vorübergehend mit stillem Wasser aus der Flasche versorgt.
„Wir haben uns kurz überlegt, wie wir damit umgehen, und haben gehandelt“, sagt Lucia Stadler, Leiterin des St. Koloman-Kindergartens in Stockerau. Die Zahnputzbecher der Kinder wurden weggeräumt und die Wasserhähne abgedeckt. „Wir haben den Kindern dann in Gesprächsrunden erklärt, warum das jetzt anders ist“, sagt Stadler.
Im Wein- und Waldviertel standen in der Nacht auf Dienstag Hunderte Feuerwehrleute im Einsatz. Unglaubliche 35 Liter Regen waren pro Quadratmeter gefallen. Dramatisch war die Situation vor allem in Jetzelsdorf, Haugsdorf und Auggenthal im Pulkautal. Einige Straßen, wie etwa die Hauptstraße in Haugsdorf, standen 40 Zentimeter unter Wasser. Keller wurden überflutet, Häuser mussten mit Sandsäcken vor den Wassermassen geschützt werden. Der Pegel der Pulkau stieg kurzfristig rasant an.
In Vorarlberg waren am Dienstag nach anhaltenden Regenfällen ebenfalls mehrere Feuerwehreinsätze notwendig. In Bezau im Bregenzerwald trat in der Früh der Dorfbach über die Ufer.
Wetterbesserung
Am Mittwoch und Donnerstag bleibt es voraussichtlich in ganz Österreich trocken. Im Osten steigt die Temperatur heute auf bis zu 24 Grad. Auf eine kurze Kaltfront muss man sich am Freitag einstellen. Von Vorarlberg bis Oberösterreich kann es zu Schauern kommen, größere Unwetter sind nicht zu erwarten. Am Wochenende wird es schließlich in ganz Österreich sommerlich. Im Flachland wird es sonnig und trocken mit Temperaturen bis zu 27 Grad, auf den Bergen kann es Gewitter geben.
Freiwillige Helfer schaufelten mühsam den Schlamm weg, den das Hochwasser in Gärten und Häuser getragen hatte. Sie entsorgten Unrat, spendeten Trost. Doch auch diese Hilfsaktionen sind nicht selbstverständlich – und nicht umsonst. Denn in vielen Fällen könnten die Helfer selbst draufzahlen. Entweder, weil sie sich Urlaub für ihren Hochwasser-Einsatz nehmen mussten, also keine Freistellung bekamen. Oder sie erhalten ihren Lohn während dieser Hilfsdienste nicht weiter bezahlt. In Österreich gibt es je nach (Blaulicht-)Organisation und Bundesland unterschiedliche Regeln.
Der Bundesfeuerwehrverband ortete im Vorfeld des für Dienstag anberaumten Hochwasser-Gipfels dringenden Handlungsbedarf. Er forderte eine einheitliche Regelung für Entgeltfortzahlung.
Auf eine solche konnten sich Vertreter des Innenministeriums, des Sozialministeriums und maßgeblicher Organisation gestern nicht einigen. Weshalb nicht? Weil es keinen Bedarf gebe, hieß es unisono. „Ehrenamt bleibt Ehrensache“, erklärte Innenministerin Johanna-Mikl-Leitner (ÖVP). Vertreter mehrerer Organisationen hätten erklärt, dass es keine Probleme gebe. Jedoch kündigte die Ministerin an, dass sowohl Wirtschafts- als auch die Arbeiterkammer den Hochwasser-Einsatz evaluieren werden. Entgegen kam die Politik der Forderung der Feuerwehren nach mehr Geld. Immerhin stammen 46.000 der derzeit im Einsatz befindlichen Freiwilligen aus ihren Reihen. Aus dem Katastrophenfonds werden 95 Millionen Euro in ihre Kassen fließen.
Immer deutlicher wird das Schadensausmaß: NÖ beziffert es mit hundert Millionen Euro, Vorarlberg geht von sechs Millionen Euro (exklusive privat versicherter Güter) aus.
Hochwasser-Milliarde
Das Hochwasser, oder besser der Schutz davor, beschäftigte auch den gestrigen Ministerrat. Die Regierung beschloss, ab 2014 eine Milliarde Euro in den kommenden fünf Jahren (200 Millionen Euro jährlich) in weitere Maßnahmen zu investieren. Konkretisiert wurde der Ausbau nicht. Umweltminister Nikolaus Berlakovich (ÖVP) will die Schritte in „Abstimmung mit den Ländern“ ausarbeiten. Woher stammt das Geld? „Aus Steuereinanhmen“, hieß es lapidar.
Der WWF begrüßte die „Hochwassermilliarde“, vermisst aber ein Bekenntnis für einen „Rückbau der Flüsse“.