Chronik/Niederösterreich

Tierische Therapie im Strafvollzug

Sauwohl fühlt sich der jüngste Insasse der Außenstelle der Justizanstalt Favoriten im niederösterreichischen Münchendorf. Dabei war seine Vergangenheit mehr als problematisch. Herbert wurde ausgesetzt und dann im fünften Wiener Bezirk auf offener Straße in sehr schlechtem Zustand gefasst und eingeliefert. Jetzt lebt das Hängebauchschwein im Gefängnis und soll den menschlichen Insassen den Weg ins normale Leben erleichtern.

Herbert ist dabei nicht allein. In der Justizanstalt Münchendorf (Bezirk Mödling) tummeln sich außer ihm noch die Ziegen Anton, Pünktchen, Bertl und Bambi als "Leihgabe" des Wiener Tierschutzhauses in Vösendorf.

Die Tiere werden von den Inhaftierten persönlich betreut und gepflegt. Das gibt nicht nur eine sinnvolle und geregelte Tagesbeschäftigung, sondern soll auch als Vorbereitung auf das Leben nach dem Gefängnis dienen.

In der Justizanstalt sind nicht die wirklich "schweren" Jungs und Mädels untergebracht. Gemeinsam ist ihnen aber der Suchthintergrund. "Die 120 Insassen haben alle Suchtprobleme und sind entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher. Das reicht von Alkohol über Suchtgift bis zu Spielsucht. In der Außenstelle Münchendorf betreuen wir maximal 17 Personen. Sie haben eine maximale Reststrafe von zwei Jahren, werden therapeutisch betreut, beschäftigt und sollen einen normalen Tagesablauf lernen", erklärt Anstaltsleiter, Oberst Alfred Steinacher dem KURIER-Reporter. Die derzeit neun Insassen müssen sich ums Kochen, Putzen und Wäsche waschen selbst kümmern, übernehmen Arbeiten wie Rasenmähen bei der Gemeinde und kümmern sich eben auch um die Tiere. Was bei den Häftlingen, aber auch bei den Aufsehern sehr gut ankommt.

Anerkennung

"So eine Dankbarkeit habe ich noch nie erlebt", sagt ein Häftling. Ein anderer ist froh, dass seine Kinder in der Schule erzählen können, dass der "Papa mit Tieren arbeitet". Das klingt besser, als dass er im Gefängnis ist. "Wenn einer Freigang hat und am Abend wieder reinkommt, will er sofort nach den Tieren schauen. Die Leute zeigen Begeisterung und müssen Verantwortung für ein Lebewesen übernehmen. Das wollen wir erreichen", sagt ein Aufseher. Herbert und seine Kollegen vermitteln aber mehr.

"Die Tiere fordern Betreuung und ihr Futter ein und es ist ihnen egal, ob sie das von einem Vorbestraften bekommen. Die Leute bekommen auch etwas zurück. Nämlich die Anerkennung und Zuneigung der Tiere", sagt Steinacher. Weil fast alle Insassen aus zerrütteten oder praktisch nicht existenten Familienverhältnissen kommen, ist das eine völlig neue Erfahrung. "Wir wollen den Leuten Leben lernen. Und der Umgang mit den Tieren ist eine gute Therapie", ist Steinacher überzeugt.