Chronik/Niederösterreich

Ticket-Plattform viagogo unter Druck

Red Bull Salzburg gegen SSC Napoli in der ausverkauften Red-Bull-Arena – es sollte ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk werden, das Johann B. aus dem Bezirk Krems seinem Sohn machen wollte. Kurz vor dem Spiel ergatterte er um wohlfeile 700 Euro zwei Tickets über die Online-Plattform viagogo.at.

Das böse Erwachen kam, als er die Karten erhielt: Sie waren auf den Namen einer fremden Frau personalisiert und daher unbrauchbar. Zutritt ins Stadion gab es mit den Tickets nicht. B. wandte sich an die nö. Arbeiterkammer (AKNÖ) und versuchte, das Geld von Viagogo zurückzufordern. Was auch gelang – „ausnahmsweise“ wie es seitens des Schweizer Unternehmens hieß.

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Das Konzept von Viagogo ist simpel: Regulär gekaufte Tickets werden von Privaten weiterveräußert. Die Plattform behält sowohl vom Käufer als auch vom Verkäufer eine Provision ein. Wie hoch die Gebühren sind, sieht der Käufer erst am Ende der Bestellung. Garantie, dass die Karten gültig sind, hat er keine.

Auch wie hoch der Originalpreis der Tickets ist, sehen viele Käufer erst bei Erhalt der Karten. Zudem werden Käufer mit dem Hinweis „nur noch wenige Tickets“ unter Druck gesetzt.

In den vergangenen Wochen gab es allein bei der AKNÖ mehrere Dutzend Beschwerden über die Plattform, berichtet AKNÖ-Präsident Markus Wieser. Immer öfter seien die dort verkauften Tickets personalisiert – eine Maßnahme der Veranstalter, um den Wiederverkauf am Schwarzmarkt einzudämmen. Das heißt, dass Käufer damit rechnen müssen, dass ihnen bei der gewählten Veranstaltung trotz Tickets der Eintritt verwehrt wird.

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„In diesem Fall raten wir betroffenen Konsumenten, sich sofort mit Viagogo in Verbindung zu setzen und eine Rückerstattung des Kaufpreises zu fordern, so die AKNÖ. Laut Wieser sei es problematisch, dass die Plattform bei einer Google-Suche als erster Treffer angezeigt wird.

Festspiel-Sperre

Doch der Widerstand gegen die Praktiken der Plattform wächst. Nach Wucherpreisen für „Salome“-Tickets kündigte der kaufmännische Direktor der Salzburger Festspiele, Lukas Crepaz, im Vorjahr an, jene Ticket-Käufer zu sperren, die Karten missbräuchlich weiterverkaufen. Das gilt auch für heuer: „Wir können im Einzelfall herausfinden, wer die Tickets weiterverkauft“, heißt es aus Crepaz’ Büro. Diesen drohe eine lebenslange Festspiel-Sperre.

Aktuell werden für Karten für die ausverkaufte Oper „Idomene“ auf Viagogo allerdings mehr als 1000 Euro verlangt. Festspielpreis: 20 bis 440 Euro. Zuletzt haben Veranstalter in Deutschland begonnen, sich im Kampf gegen den Ticketwucher zu vernetzen, heißt es bei den Festspielen.

Für Viagogo könnte es eng werden; Klagen häufen sich. An vorderster Front kämpft der Linzer Anwalt Johannes Hintermayr. Er vertritt die Kabarettisten Monika Gruber und Viktor Gernot, die nach Wucherpreisen für ihre Tickets der Plattform den Verkauf untersagen. Das Verfahren läuft.

„Ich bin überzeugt, dass Viagogo haftet. Die Handlungsweise bedeutet einen ‚Schwarzmarkt‘ für Tickets, der auch in Österreich betrieben wird, ohne eine Gewerbeberechtigung für ein Kartenbüro zu haben“, meint Hintermayr. Und: „Es wird immer schlimmer.“ Viagogo garantiere, dass die Karten „sicher seien“ und dass die Käufer bei Problemen ihr Geld zurück erhalten. Dem sei jedoch nicht so. Auch die Verkäufer der Karten würden nicht offen gelegt.

Warten auf Urteil

„Diese Garantie ist nichts wert“, sagt Hintermayr. Der Anwalt führt auch in Wels einen Prozess gegen die Plattform. Im Verfahren des Wettbewerbsschutzverbands (WSV), der nach einem Entscheid des Obersten Gerichtshofs in Linz stattfand, wartet er auf das Urteil.

AKNÖ-Chef Wieser rät, Anbieter vor dem Ticketkauf zu vergleichen und sich nicht unter Druck setzen zu lassen.

Die Plattform selbst war für den KURIER vorerst nicht erreichbar.

Umstrittener Vermittler

Dem Online-Marktplatz wird europaweit Verbrauchertäuschung vorgeworfen. Es vermittle den Eindruck einer offiziellen Kartenverkaufseite, dabei werden mitunter gar Fake-Tickets angeboten. Auch behält sich Viagogo vor, Ersatztickets nach eigenem Ermessen etwa für andere Tage auszuwählen. Zuletzt wurden in ganz Europa Klagen angestrengt.