Tapetenwechsel für Mr. Volksoper: „Bin ein Gesangs- und Weintyp“
Von Jürgen Zahrl
Er ist Schauspieler, Chefdramaturg an der Wiener Volksoper, Moderator, Autor und neuerdings Intendant der Schloss-Festspiele Haindorf in Langenlois. Im Interview spricht Christoph Wagner-Trenkwitz, 57, über seine neue Tätigkeit, den Wiener Opernball und darüber, wie es ist, mit seiner Ehefrau auf der Bühne zu stehen.
KURIER: Im kommenden Jahr werden sie nicht nur als Schauspieler, sondern auch als Intendant bei den Schloss-Festspielen tätig sein. Warum tun Sie sich diesen Zusatzstress an?
Wagner-Trenkwitz: In meinem Wortschatz existiert Stress nicht. Stress ist die Angst vor der Arbeit, die kenne ich nicht. Ich hatte schon von 2013 bis 2016 beim Theatersommer in Haag die Intendanz. Aber das war ein Sprechtheater. Ich bin viel mehr der Gesangs- und Weintyp. Daher ist mir dieser Ort mit Operette mitten in einer Weinregion sympathischer.
„Die Fledermaus“ stand hier schon 1997 und 2007 auf dem Programm, weshalb wollen Sie das Stück ein drittes Mal aufführen?
Wir feiern im kommenden Jahr die 25. Saison. Daher passt ein Klassiker perfekt. Die „Fledermaus“ ist eine Fest- und Feieroperette, bei der alle Figuren etwas zu verbergen haben, unter falschem Namen und maskiert auftreten. Im zweiten Akt wird es eine Pause geben, in der das Publikum eingeladen ist, mit uns zu feiern und auf dem Rasen vor der Bühne Walzer zu tanzen.
Sie werden als Gefängnisdiener Frosch auch selbst auftreten, was reizt Sie an dieser Rolle besonders?
Frosch ist der einzige bekennende Alkoholiker in dem unanständigen Stück, in dem jeder jeden betrügt und sich alle ansaufen. Es ist eine herrliche, klassische Rolle, für die ich gemeinsam mit unserer Regisseurin Nicole Claudia Weber eine besondere Fassung kreieren möchte.
Auch ihre Ehefrau Cornelia Horak wird als Rosalinde auf der Bühne sein, kann man Privates und Berufliches im Theater strikt trennen?
Auf der Bühne ist man nicht verheiratet, da gibt es keinen privaten Kontakt. Auch wenn es für viele Männer vielleicht eine Schreckensvorstellung ist, die ganze Zeit mit der Frau zusammenzusein, aber ich finde es schön. Wir haben so gut wie keine Konflikte. Da wir keine Kleinkinder mehr haben, ist alles einfacher. Nach der Probe sprechen wir natürlich über unsere Rollen und geben uns gegenseitig Ratschläge. Aber es gibt keinen Grund zum Streiten. Bei „Die lustigen Witwe“ habe ich mich gefreut, als Danilo meine Ehefrau am Schluss küsste und bekam. Es geht ja nur um die Rolle der Hanna Glawari.
Sie meinten vor einigen Jahren, dass sie Panik hätten, Menschen zu langweilen. Wie langweilig wäre die Live-Übertragung des Wiener Opernballs ohne Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz?
Ich würde mir den Wiener Opernball im Fernsehen nicht ansehen, wenn ich ihn nicht kommentieren würde (grinst). Im Februar feiern wir unsere 20. Moderation. Beim Jubiläum könnte ich mir den Karl gut in einem schönen Kleid vorstellen. Jedenfalls wird es im Vorfeld eine eigene ORF III-Sendung geben, in der eine „Opernball-Bombe“ platzen wird. Es gibt belastendes Videomaterial, das belegt, wie wir den Wiener Opernball an einen südosteuropäischen Oligarchen verscherbeln wollen.
Sie bezeichnen den legendären Marcel Prawy (1911–2003) als ihren Lehrmeister. Wenn sie an sein Schaffen zurückdenken, wie hat er sie geprägt?
Seine Moderationen waren immer hochprofessionell, er war ein unglaublicher Vermittler. Mit allem war ich aber nicht einverstanden. Er war der Ansicht, dass Regisseure schimpfen dürfen. Das sehe ich anders. Für mich war er ein Vorbild für seine Aufgeschlossenheit für Musicals und Operette. Er hat sich auch Michael Jackson oder Tina Turner angesehen, um zu wissen, wie gute Shows funktionieren.
Haben Sie noch Lampenfieber, bevor sie auf die Bühne treten?
Davor bin ich konzentriert. Viel mehr habe ich Mitleid mit dem Publikum, wenn ich viel singen muss. Aber ich denke, es stehen auch andere Darsteller auf der Bühne, da werden die Zuseher einen singenden Schauspieler schon akzeptieren. Aber ein paar Sekunden vor der Live-Übertragung des Opernballs bin ich immer angespannt. Da hoffe ich, nicht schon wieder irgendeinen Blödsinn zu erzählen. Es war furchtbar, als ich einmal Tulpen mit Nelken verwechselte.
Wo fühlen Sie sich wohler, in Wien oder in Niederösterreich?
Ich bin Wiener und fühle mich in Wien wohl. Eine Sommerfrische in NÖ mit schöner Arbeit, Sprung in den Kamp und gutem Wein ist für mich Lebensqualität.
Was wünschen Sie sich für die Festspiele in Haindorf?
Ein Publikum, das mit uns feiern möchte, einen Wettergott, der uns gewogen ist, und einen guten Festspiel-Wein.
Bleiben Sie auch 2021 Intendant?
Derzeit habe ich einen Ein-Jahres-Vertrag mit Option für weitere drei Jahre.
Von 23. bis 25. Juli, 31. Juli bis 2. August sowie am 7. und 8. August 2020, jeweils 20.30 Uhr – nur am 2. August schon ab 17.30 Uhr – steht in der 25. Saison der Schlossfestspiele Haindorf in Langenlois „Die Fledermaus“ von Johann Strauß Sohn auf dem Programm.
Die Festgesellschaft, die sich im zweiten Akt beim Prinzen Orlofsky versammelt, besteht aus lauter Leuten, die etwas zu verbergen haben – und damit kratzt diese Operette auch deutlich an der Fassade einer heilen Welt. Herr Eisenstein (Erwin Belakowitsch) sollte im Gefängnis sitzen, zieht es aber vor, ohne Wissen seiner Frau Rosalinde (Cornelia Horak) eine Nacht im Kreise von „Ballettratten“ zu verbringen.
Infos und Tickets unter: 02734/3450 oder www.schlossfestspiele.at