Chronik/Niederösterreich

Seeadler in Lebensgefahr: Donau-Auen sind Brutstätte der Artenvielfalt

Spannweite: Seeadler erreichen eine Körperlänge von bis zu 90 Zentimetern, die Flügelspannweite kann zweieinhalb Meter betragen.

7 Kilo Körpergewicht können Weibchen erreichen. Männchen sind mit  rund 5,5 Kilo kleiner und leichter.

Vorkommen: Der Seeadler war früher weit verbreitet und später durch Verfolgung bis Ende des 20. Jahrhunderts in vielen europäischen Ländern ausgestorben.

Die Nationalparks sind in Österreich so etwas wie die Brutstätte der Artenvielfalt – sowohl was die Pflanzen- als auch die Tierwelt anbelangt. Am Beispiel des streng geschützten Seeadlers wird das besonders deutlich.

Eine neue Studie unter Beteiligung der Umweltschutzorganisationen WWF und BirdLife Österreich hat sich der Lebensweisen und vor allem der Lebensräume der Könige der Lüfte angenommen. Wie die Ergebnisse zeigen, fliegen die gefährdeten Adler besonders auf die Natura-2000-Schutzgebiete. Als wichtigste Hotspots für die Aufzucht ihres Nachwuchses haben sich die niederösterreichischen March-Thaya-Auen mit den angrenzenden Gebieten in Tschechien und der Slowakei sowie die Donau-Auen östlich und westlich von Wien herauskristallisiert.

Für die Studie wurden die gesammelten Sendedaten von 38 Seeadlern zwischen 2015 und 2022 wissenschaftlich ausgewertet und interessante Erkenntnisse daraus gewonnen. Es hat sich ergeben, dass die Naturschutzgebiete ihrem Namen voll gerecht werden. „Vor allem Feuchtgebiete, Gewässer und an Feuchtlebensräume angrenzende Laubwälder scheinen bei den Tieren beliebt zu sein“, erklärt Remo Probst, Greifvogelexperte bei BirdLife Österreich.

Alle Inhalte anzeigen

Viele Brutpaare

Nadelwälder und Siedlungen hingegen meiden die Seeadler wie der Teufel das Weihwasser. „Unserer Studie zeigt klar, dass Natura-2000-Gebiete deutlich intensiver von jungen Seeadlern genutzt werden. Das unterstreicht die hohe Bedeutung dieser Schutzgebiete“, sagt Probst.

Nachdem die Tiere vor Jahren hierzulande bereits als ausgestorben galten, haben sich im Nationalpark Donau-Auen im Vorjahr wieder fünf bis sechs Brutpaare angesiedelt. 2023 sind sechs Jungtiere geschlüpft und ausgeflogen. Die unberührte Natur im Nationalpark mit vielen alten Bäumen und gutem Nahrungsangebot trägt zum Erfolg bei, heißt es vonseiten der Nationalparkaufsicht.

Dass unberührte Schutzgebiete für die Seeadler überlebensnotwendig sind, ist in den vergangenen Jahren deutlich geworden. Im Weinviertel beispielsweise, einem wahren „Bermudadreieck“ für Kaiser- und Seeadler, sind in den vergangenen Jahren mehr als 120 geschützte Greifvögel vergiftet oder abgeschossen worden. Dazu kommt die Gefährdung durch Windkraftanlagen, die den Tieren immer häufiger zum Verhängnis werden.

Alle Inhalte anzeigen

Sichere Korridore

Umso wichtiger ist laut dem WWF-Artenschutzexperten Christian Pichler ein Managementplan, „damit unsere Ökosysteme die entscheidende Schutzfunktion weiter erfüllen können“. Nötig seien außerdem umfangreiche Renaturierungen, „zum Beispiel von Flüssen und Feuchtgebieten“, so Pichler. Dadurch könnten die bestehenden Natura-2000-Gebiete zusätzlich durch „sichere Korridore“ verbunden werden.

Die Umwelt-NGOs drängen zum Schutz der Artenvielfalt auf das sogenannte EU-Renaturierungsgesetz. Die geplante Verordnung würde sowohl bestehende Schutzgebiete aufwerten, als auch Areale außerhalb davon verbessern und damit für Wildtiere attraktiver machen, meinen die Experten von WWF und BirdLife.

Sie fordern insbesondere die Bundesländer dazu auf, „ihre nationale Blockade des EU-Renaturierungsgesetzes aufzugeben und damit die grüne Infrastruktur Europas zu stärken“.