Streuobstwiesen als Chance: Caritas sucht Unterstützer
Äpfel, Birnen, Quitten, aber auch Feigen, Mispeln und Mandeln - das alles reift auf der Streuobstwiese der Caritas in Retz (Bezirk Hollabrunn) heran. Die Früchte sollen von Menschen mit Behinderung geerntet und weiterverarbeitet werden – ein ökologisches und sozial nachhaltiges Projekt, das beim diesjährigen „Caritas Europa Innovation Festival“ ausgezeichnet wurde.
„Menschen mit Behinderung sind auch heute noch mit vielen Vorurteilen konfrontiert. Vielfach wird ihnen zu wenig zugetraut. Für eine gelungene Inklusion spielt der Austausch eine große Rolle“, sagt Thomas Krottendorfer, Regionalleiter der Caritas. So sollen Schüler der Landwirtschaftlichen Fachschule Krems das Projekt in der Planung und Bewirtschaftung unterstützen.
Im Oktober vergangenen Jahres erfolgte der Spatenstich, nun wurde die Streuobstwiese in Retz mit einem Rahmenprogramm eröffnet. Auf der Wiese entstand in den vergangenen Monaten ein Naturgarten mit 62 Bäumen und Sträuchern.
Permakulturen und Klimaschutz
Dabei wurde auf Permakultur gesetzt: Diese basiert auf der Idee, natürliche Ökosysteme und ihre Kreisläufe zu erhalten. Das bedeutet beispielsweise, dass es keine Monokulturen gibt, sondern verschiedene Pflanzenarten und Nützlinge voneinander profitieren sollen.
Außerdem steht die Caritas mit Gregor Danzinger, Leiter der Klimamodellregion, in engem Austausch, um im Bereich Klimaschutz zusammenzuarbeiten.
„Nachhaltigkeit betrifft nicht nur Klimaschutz und Natur, sondern in gleichem Maße auch soziale Themen“
Caritas Regionalleiter
Retz ist Teil der Klimamodellregion Retzer Land – ein Zusammenschluss aus sechs Gemeinden mit dem Ziel, Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in unterschiedlichsten Bereichen umzusetzen.
„Nachhaltigkeit betrifft nicht nur Klimaschutz und Natur, sondern in gleichem Maße auch soziale Themen“, betont Krottendorfer.
Kooperationen gesucht
Die geernteten Früchte der Streuobstwiese sollen in der neuen Produktionsküche in Retz verarbeitet werden. Bei Verarbeitungsprozessen, wie zum Beispiel bei der Destillation, werde die Caritas Unterstützung durch Unternehmen brauchen.
„Ein schöner Mehrwert wäre es, wenn Klientinnen und Klienten mitarbeiten könnten und – im Idealfall – auch durch eine Firma übernommen werden“, so Krottendorfer.
Eine erste Kooperation ist bereits mit der ortsansässigen Firma Ploberger entstanden. Das Unternehmen mit Sitz in Retz ist im technischen Großhandel mit Werkzeugen, Werkstatt- und Baustellenbedarf tätig.
„Es ist uns eine herzerwärmende Freude, dieses in vielen Belangen einzigartige Projekt gemeinsam mit der Caritas hier im Weinviertel zu verwirklichen.
Möge es Schule machen und andere Unternehmen aber auch Kommunen zu ähnlichen Sozial- und Umweltprojekten animieren“, freut sich Ploberger-Geschäftsführer Günther Macht. Seine Firma unterstützt das Caritas-Projekt finanziell und zusätzlich mit einer Fläche von 5.000 Quadratmetern.
Rumänische Schüler lernen von Biobauern
Auch in Obersiebenbrunn (Bezirk Gänserndorf) wird Soziales und Obst- und Gemüseanbau verbunden. Auf dem 2.000 Quadratmeter großen Bio-Feld vom Wiener Verein „Mensch Umwelt Tier“ (MUT) sprießen dieses Jahr bereits in der dritten Saison Tomaten, Pastinaken, Rucola und Co.
➤ Mehr dazu: Bezirk Gänserndorf: Sozialprojekt bringt Bio-Gemüse auf jeden Teller
Die reiche Gemüse-, Obst- und Kräuterauswahl kommt bedürftigen Menschen zugute, die beim Verein MUT Unterstützung suchen.
Aktuell helfen vierzehn Schülerinnen und Schüler der Landwirtschaftsschule Colegiul Vasile Adamachi aus der rumänischen Stadt Iași für drei Wochen bei der Bewirtschaftung. Das EU-Projekt „Erasmus+“ ermöglichte den Austausch.
"Wichtige Erfahrung"
„In Rumänien haben unsere Schüler wenig Gelegenheit, Bio-Landwirtschaft in der Praxis zu erlernen. Die Arbeit hier am Feld in Obersiebenbrunn ist für sie deshalb eine sehr wichtige und interessante Erfahrung, ihr theoretisches Wissen praktisch zu vertiefen und zu erlernen“, erklärt der Lehrer Vasile Istrate.
Zusätzlich zur Kooperation mit der rumänischen Schule setzt der Verein MUT auf gelebte Synergien und Zusammenarbeit mit benachbarten Landwirten.
„Wir unterstützen uns gegenseitig in Zeiten von Arbeitsspitzen, beim Saatgut und können auch vom jeweiligen Wissen in der praktischen Arbeit voneinander profitieren“, so Bernhard Rogner, der hauptverantwortlich für den Verein MUT das Feld betreut.
Gemüse gegen Armut
Und auch die Artenvielfalt steht im Fokus. So wachsen zum Beispiel 15 verschiedene Tomatensorten, viele neue Kulturen mit unter anderem Wassermelonen oder Physalis und zahlreiche Kräuter am Feld heran.
Die geernteten Bio-Lebensmittel werden im vereinseigenen Gratis-Sozial-Greißler sowie an viele soziale Organisationen in Wien und St. Pölten an armutsgefährdete Menschen ausgegeben.