Sortenbestimmung für die Ewigkeit
Von Marlene Penz
Die Mostbirnen-Vielfalt im Mostviertel ist einzigartig auf der Welt. Mehrere hundert Sorten gibt es hier – dokumentiert und beschrieben sind allerdings weniger als einhundert. Die Fachliteratur für die Region ist veraltet und durch die Überalterung der Baumbestände, durch Krankheiten und durch Rodung, drohen viele Sorten verloren zu gehen. Nicht nur bei den Birnen, sondern auch bei den Äpfeln.
Das will das Projekt „Sortenvielfalt im Mostviertel“ verhindern. „Diese Region hat vom Obstbau gelebt und das ist fast in Vergessenheit geraten. Wir wollen die alten Sorten von Mostobst, die es nur hier bei uns gibt, erhalten und erreichen, dass sie wieder neu gepflanzt werden“, erklärt Michaela Hinterholzer, Obfrau der LEADER-Region Tourismusverband Moststraße. An zwei Tagen konnten Mostviertler die Äpfel und Birnen aus ihren Gärten zur Sortenbestimmung abgeben.
Merkmale
Nun werden die Proben von Gerlinde Handlechner und Martina Schmidthaler „untersucht“, bestimmt und beschrieben. Sie sind Expertinnen der Obstsortenbestimmung, sogenannte Pomologinnen. „Um die Früchte zu bestimmen, schauen wir uns an, wie der Stängel ausschaut, wie er sitzt – ist der schief aufgesetzt? Wie schaut der Kelch, also die andere Seite, aus? Wann ist sie reif? Wie schmeckt sie? Wir beißen in jeden Apfel, jede Birne hinein, weil der Geschmack etwas ganz Typisches ist. Wir schauen uns das Kerngehäuse an und dann vergleichen wir mit der Fachliteratur“, erklärt Handlechner.
Dafür braucht es viel Expertise, denn auf den ersten Blick sehen Früchte einer Sorte für Laien oft ganz unterschiedlich aus. Bei manchen Äpfeln und Birnen ist die Zuordnung eindeutig, andere stellen die Pomologinnen vor Herausforderungen: „Es hat natürlich einen besonderen Reiz, wenn es eine unbekanntere Sorte ist, da fahren wir auch schon mal in den Garten, wo sie herkommt, um mit den Besitzern zu sprechen. Manchmal entdecken wir auch ganz neue Sorten, die noch niemand beschrieben hat“, sagt Schmidthaler, dann vergeben sie Namen. Dafür müssen sie aber mindestens einen zweiten Baum mit denselben Früchten ausfindig machen, ansonsten ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um einen Einzelfall, einen Sämling, handelt.
Sortenbuch
Das Projekt zur Sortenbewahrung und -bestimmung wurde im Vorjahr gestartet und wird im Frühjahr abgeschlossen. Mit Abbildungen der Ergebnisse erscheint dann ein Sortenbuch. Das ist aber nicht das Einzige, das für die Ewigkeit bleibt: „Wir bekommen durch das Projekt auch einen Überblick, wo der Mutterbaum steht. So kann man hinfahren und Edelreiser abnehmen, das dann bestimmten Baumschulen zur Veredelung weitergegeben werden kann“, sagt Gerlinde Handlechner. So können alte Sorten wieder neu gepflanzt werden und gehen nicht verloren.