Chronik/Niederösterreich

Solo in die Selbstständigkeit

Chef, Assistent, IT-Abteilung, Mitarbeiter und  vielleicht auch Reinigungskraft und das alles in einer Person – für Tausende Österreicher der Job der Wahl. Die „Single-Wirtschaft“ liegt voll im Trend. Rund 357.000 Unternehmen in Österreich bestanden 2023 nur aus einer Person, damit sind mehr als 60 Prozent aller Firmen hierzulande Ein-Personen-Unternehmen (EPU). Rund ein Fünftel davon gibt es in Niederösterreich. 

Es ist ein bunter Haufen, der diese Single-Wirtschaft umfasst. Die Berufspalette reicht vom IT-Techniker bis zum Fotografen, von der Buchhalterin bis zur Hochzeitsplanerin. Gemeinsam ist ihnen allen der Wunsch, der eigene Chef oder die eigene Chefin zu sein. 

Eine aktuelle Studie der KMU Forschung Austria untermauert dabei die Bedeutung der EPU in Niederösterreich: 75.838 Personen sind als Ein-Personen-Unternehmen aktiv. Damit sind EPU zwei von drei aktiven Unternehmen in NÖ (66 Prozent). Die Mehrheit der EPU in NÖ (63 Prozent) hatte in den letzten zwölf Monaten einen Kundenstock von mehr als zehn Personen, insbesondere Handelsunternehmen (84 Prozent) und Tourismusbetriebe (70 Prozent) haben einen größeren Kundenkreis. Im Gewerbe und Handwerk lag der EPU-Anteil in NÖ im Jahr 2023 bei etwa 72 Prozent. In der Sparte Information und Consulting sind 64 Prozent EPU und im Handel 54 Prozent.

Hoher Frauenanteil 

Die Frauenquote bei den Ein-Personen-Unternehmen liegt in NÖ bei 48 Prozent und damit leicht über dem Bundesschnitt von 45 Prozent. Das durchschnittliche Gründungsalter liegt in Niederösterreich bei 38 Jahren, ein Jahr mehr als im Österreichschnitt. „Damit können die blau-gelben Ein-Personen-Unternehmen beim Eintritt in die Selbstständigkeit bereits auf eine längere Berufserfahrung zurückgreifen“, so die EPU-Sprecherin in der Wirtschaftskammer NÖ, Birgit Streibel-Lobner. WKNÖ-Präsident Wolfgang Ecker freut besonders, dass „knapp ein Drittel, nämlich 30 Prozent, aller niederösterreichischen Ein-Personen-Unternehmen eine Lehre absolviert hat. Österreichweit ist es nur knapp jeder Vierte.“

Vielfältige Gründe

Unabhängigkeit (75 Prozent), Selbstverwirklichung (73 Prozent) und flexible Zeiteinteilung (69 Prozent) sind die Hauptmotive für die Gründung von Ein-Personen-Unternehmen. „Die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf trägt für 55 Prozent der NÖ Ein-Personen-Unternehmerinnen maßgeblich zur Gründungsentscheidung bei“, sagt Birgit Streibel-Lobner.

„Wagerl ins Glück“

Eine, die den Schritt in die Solo-Selbstständigkeit gewagt hat, ist Patricia Kriechbaum. Ende 2018 hat sie sich in Klosterneuburg mit einem mobilen Getränkecatering, dem „Wagerl ins Glück“, selbstständig gemacht. Warum? „Weil ich mein eigener Chef sein wollte. Und auch, weil ich Bewerbungen abgeschickt hatte, auf die ich keine Antworten erhalten habe“, erzählt sie. 

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Kriechbaum hatte im Sozialbereich gearbeitet, wollte sich beruflich aber umorientieren. „Ich habe nach etwas gesucht, was mir persönlich am meisten Spaß macht – und bin in der Gastronomie gelandet.“ Seit dem Start in die Selbstständigkeit hat sie durchwegs positive Erfahrungen gemacht. Nur die Coronazeit sei sehr hart gewesen. „Mein Terminplaner war voll und plötzlich war alles abgesagt. Das hat meinen 3-Jahres-Plan durcheinandergeworfen. Aber ich habe gemerkt, dass ich so etwas überstehen kann. Wenn man sich permanent neu erfindet und immer offen ist für neue Möglichkeiten, dann bekommt man das hin. Das ist großartig für die Zukunft, wenn man weiß, dass man das schafft.“ 

Für sie als Ein-Personen-Unternehmerin ist der Rückhalt der Familie sehr wichtig. „Man sitzt ja doch allein im Boot. Da ist es wichtig, dass man jemanden zum Reden hat. Ich kann da stark auf die Unterstützung meiner Familie zählen“, ist sie dankbar. Unterstützung hat sie vor allem während der schwierigen Coronazeit auch von der Wirtschaftskammer NÖ bekommen. „Ich war schon zum Zeitpunkt der Gründung sehr viel mit der Wirtschaftskammer NÖ in Kontakt. Über die Coronazeit hat mir die Bezirksstelle Klosterneuburg sehr viel geholfen. Ohne diese Unterstützung hätte ich vermutlich mein Geschäft zusperren können.“