Sigrid Horn: „Es füht si on wie bei ana Fernbeziehung“
Von Marlene Penz
Sigrid Horn aus Neuhofen an der Ybbs macht Dialektmusik. Kurz vor dem Corona-Lockdown brachte sie ihr zweites Album heraus. Mit dem KURIER spricht sie über Pläne, Konzerte und Heimat.
KURIER: Warum singen Sie in der Mundart?
Sigrid Horn: Meinen ersten echten Song habe ich mit 16 im Dialekt geschrieben. Damals haben alle gesagt, das will keiner hören, das ist so oid und verstaubt. Dann habe ich ein, zwei auf Hochdeutsch geschrieben und mit anderen Sprachen experimentiert. Aber das war nichts für mich, das bin nicht ich. Ich glaube, im Dialekt habe ich am wenigsten das Gefühl mich zu verstellen. Meine Eltern sind ursprünglich nicht aus dem Mostviertel – deshalb habe ich verschiedene Einflüsse beim Dialekt, zum Beispiel mein rollendes R, das macht keiner im Mostviertel – im Pfadfinderlager wurde ich als Kind gefragt, woher ich komme, weil ich so komisch rede.
Und Dialekt ist nun in der Musik auch bei jüngerem Publikum salonfähig?
Da hat sich definitiv einiges geändert. Und ich habe das Gefühl, das ist ein Teamerfolg. Der Vorreiter unserer Generation ist der Nino aus Wien. Da sind dann viele andere dazu gekommen. Was am besten ankommt ist, wenn man sich auf das Wiener-Strizi-Ding, also diesen Slang und die Probleme, konzentriert. Aber auch das ist nichts für mich, da habe ich das Gefühl, das bin wieder nicht ich. Das hätte keinen Sinn wenn ich auf Pseudo-Wienerisch singe, obwohl ich seit fast elf Jahren hier lebe.
Ihr neues Album „I bleib do“ ist genau am Beginn des Lockdowns erschienen. Sie mussten alle Ihre Pläne über den Haufen werfen. Wie ging es Ihnen damit?
Das war schon eine ziemliche Watschen, mir ging’s in den ersten Wochen gar nicht gut. Mein Papa hat gesagt, er hatte das Gefühl, ich war voll im Höhenflug und dann haben sie mir plötzlich die Flügel gestutzt. Kurz vorher war ich mit meiner Liveband in der Elb Philharmonie und wir hatten eine Südamerika-Tour geplant. Natürlich tut das weh. Aber so geht es allen, keiner kann seine Pläne durchziehen. Nach zwei Monaten in der Krise ist dann mein Opa sehr überraschend gestorben. Wir konnten uns nicht mehr sehen und hatten keine Zeit, uns zu verabschieden. Das rückte alles in Perspektive, mein Opa war ein irrsinnig cooler Typ, die Stärke mit der er durchs Leben ging, den Frieden, den er mit sich selbst hatte, das hat mich irgendwie angesteckt – dann hat mich Corona nicht mehr so fertig gemacht.
Die erste Veröffentlichung aus dem neuen Album handelt auch von Ihrem Opa. Werden Sie das Lied bei Ihrem ersten Livekonzert nach der Corona-Pause am Samstag in Amstetten spielen?
Ja. Ich fragte mich zuerst, ob ich es je wieder singen kann, aber ich hab es bei einem Streamingkonzert getan und gesehen: So bleibt er bei mir. Das ist schön. Und ich freue mich voll auf das Konzert, Ich bin gespannt, wie es angenommen wird. Es wird sich sicher ein bissl komisch und verboten anfühlen – obwohl es das natürlich nicht ist – und dann wird man sich wieder zusammengewöhnen. Ein bisschen wie bei einer Fernbeziehung. Ja, es ist, wie wenn ich eine Fernbeziehung mit dem Publikum geführt hätte, wir uns immer nur über Videokonferenzen gesehen haben und jetzt können wir uns endlich treffen.
Und wie geht es dann weiter mit Konzerten und zukünftigen Projekten?
Einige Sachen konnten wir zum Glück verschieben. Am 17. Juli trete ich mit meiner Live-Band in Lunz bei den Wellenklängen und am 1. August beim Schrammelklang-Festival auf. Dann gibt es noch ein paar Open-Air-Konzerte, die funktionieren. Und auf längere Sicht habe ich mir vorgenommen, dass ich ein Musiktheater schreibe. Das muss ich so lange öffentlich sagen, bis ich es mache. Meine Großeltern sind nach Chile ausgewandert. Mein Opa war Bildhauer, meine Oma Malerin. Das ist so eine starke Geschichte, wie sie dort sesshaft wurden, die muss einfach erzählt werden.
Und wo ist Ihre Heimat?
Ich hab’s wirklich gerne im Mostviertel. Das klingt jetzt kitschig, aber so gut, wie dort der Bach riecht, wo ich aufgewachsen bin, so gut kann er in Wien gar nicht riechen. Obwohl meine Eltern nicht von dort sind, haben sie die Heimat gefunden. Das ist sehr schön, aber ich habe gesehen, dass es sehr anstrengend ist und ich will mir selbst nicht die Arbeit antun, mir eine andere zu suchen.
Für den Ticketkauf für das Konzert im Mozart Amstetten am Samstag (13. Juni) wird empfohlen die Karten online zu kaufen. Am 24. Juni um 19 Uhr gibt Sigrid Horn ein Streaming-Konzert über die Puls 4-Plattform „4GAMECHANGERS Roomservice". Die Ticketerlöse werden von Seiten der Organisatoren erhöht und laufen direkt an die Künstlerin. Die Session wird über die 4gamechangers.io gestreamt und ist bis 26. Juni verfügbar.
Sie wurde 1990 in Amstetten geboren und wuchs in Neuhofen a. d. Ybbs auf. Mit 16 Jahren reichte sie ihr erstes Demo beim Protestsongcontest ein. 2019 gewann sie ihn mit dem Song „Baun“. Nach ihrem Lehramtsstudium in den Fächern Musik und Spanisch unterrichtete Sigrid Horn bis vergangenen Sommer. Nun konzentriert sie sich voll und ganz auf die Musik. Sie ist als Solokünstlerin unterwegs oder steht im Trio auf der Bühne. Mitte März ist ihr zweites Soloalbum „I bleib do“ erschienen.