Chronik/Niederösterreich

Schwarz gegen Rot: Zweikampf um Wiener Neustadt

14 Jahre, nachdem er als Vizebürgermeister der Stadt den Rücken gekehrt hat, wagt der Klubobmann der nö. Volkspartei, Klaus Schneeberger (64), in seiner Heimat ein Comeback. Nicht nur das. Das Polit-Urgestein möchte aus der kommenden Gemeinderatswahl, die am 25. Jänner 2015 stattfinden wird, als Bürgermeister hervor gehen. Der Herausforderer im KURIER-Gespräch.

KURIER: Ein ambitioniertes Vorhaben. Was hat Sie bewegt, nach so langer Zeit nochmals für den Sessel des Bürgermeisters zu kandidieren?

Klaus Schneeberger:Es sind viele Menschen in letzter Zeit an mich heran getreten, dass ich doch in Wiener Neustadt etwas verändern solle. Das werde ich nun versuchen zu tun. Erstens weil ich diese Stadt liebe, und weil ich etwas zurückgeben möchte von dem, was ich an Erfahrung, Netzwerk und Know-how im Land erarbeitet habe. Es sind in der Stadt kaum Visionen da, eine Aufbruchstimmung ist notwendig. Ich glaube, ich kann das erzeugen.

Aufbruchstimmung alleine wird nicht reichen. Wiener Neustadt ist so wie viele andere Gemeinden finanziell am Boden.

Die Situation ist leider eine mehr als angespannte. Nur ist sie in Wiener Neustadt selbst gemacht. Bei einem Jahresbudget von 170 Millionen Euro 380 Millionen Euro Schulden zu haben, da liegt Wiener Neustadt an der Spitze der verschuldeten Städte. Jetzt geht es darum, kreative Lösungen zu suchen. Meine Philosophie ist, qualitativ hochwertige Ansiedlungen und Arbeitsplätze zu schaffen und damit Einnahmen zu lukrieren, mit denen man wieder Investitionen setzen kann.

Würde ein Bürgermeister Schneeberger den Gürtel beim großen Apparat der Stadtverwaltung enger schnallen?

Es muss natürlich hinterfragt werden, ob diese und jene Ausgaben noch zu rechtfertigen sind. Dafür werde ich mir einen Experten holen. Im Rathaus ist leider eine Führungslosigkeit und Motivationsleere zu spüren. Ziel ist es, das vorhandene Potenzial auszuschöpfen und die Leerläufe abzustellen. Man muss auch überprüfen, ob die Gesellschaften, die gegründet wurden, nicht nur Geld kosten.

Welche politischen Entscheidungen in der Vergangenheit haben Ihrer Meinung nach Wiener Neustadt geschadet?

Wir hatten vor zehn Jahren drei Freibäder und heute de facto ein Halbes. Das ist ein falscher Schritt gewesen. Wenn ich mich als Sozialstadt deklariere, dann muss ich auch im Sommer ein entsprechendes Angebot für 40.000 Einwohner anbieten können.

In manchen Klassen in Wiener Neustadt ist der Anteil von Kindern mit fremder Muttersprache über 80 Prozent. Ist die Integrationspolitik gescheitert?

Ich bin einer der wenigen Politiker, der sich traut die Frage der Migranten offensiv anzusprechen. Ich möchte mit Vehemenz diese Gettoisierung, die in Wiener Neustadt spürbar ist, bekämpfen. Wir laufen Gefahr, eigene Türkenbezirke zu bekommen und dass Integration ein Fremdwort ist. Wenn es wirklich so ist, dass in den Gemeindebauten der Wiener Neustädter schon der Fremde ist, dann ist das alarmierend.

Welche Lösungen haben Sie parat?

Sebastian Kurz hat bereits viele Aggressionen aus dieser Debatte herausgenommen. Er hat gute Ansätze, wie man der Problematik der Verfremdung begegnet. Er wird dabei helfen, dieses Thema anzugehen.

Sie haben mit der Verpflichtung eines Behindertensprechers für Ihr Team zuletzt offen über Ihre eigene Krankheit gesprochen. War das in Ihrer Laufbahn ein Handicap?

Ich hatte mit vier Jahren Kinderlähmung. Ursprünglich war ich am ganzen Körper gelähmt, nach einem Jahr waren nur noch das rechte Bein und die linke Hand beeinträchtigt, das bis heute. Ich hatte zum Glück Eltern, die mich als gesundes Kind behandelt haben. Dann und wann hatte ich das Gefühl, dass eine Person die in der Öffentlichkeit steht, makellos sein soll. Da gab es Aussprüche wie, dass ein Hatscherter nicht Bürgermeister werden kann. Daher ist für mich klar, dass es ein Signal in Richtung Akzeptanz von Behinderten geben muss.

KURIER: Mit der Kandidatur von Klaus Schneeberger stellt die ÖVP den Anspruch auf das Bürgermeisteramt. Nervös?

Bernhard Müller: Ich orte eine große Verunsicherung bei der Volkspartei wenn man vier Monate vor der Gemeinderatswahl den Spitzenkandidaten Christian Stocker austauscht. Fakt ist, dass Klaus Schneeberger bereits drei Mal bei Gemeinderatswahlen als Spitzenkandidat angetreten ist und dabei immer schlechter abgeschnitten hat als Vizebürgermeister Stocker.

Sie sehen die absolute Mehrheit daher nicht in Gefahr?

Es ist ganz klar das Ziel, diese zu halten, wir können das auch schaffen. Wir haben unlängst eine sehr große Umfrage in Auftrag gegeben mit einer hohen Stichprobe – 800 befragte Menschen. Und da wurde uns ausgewiesen, dass wir derzeit bei 52 Prozent liegen, bei einer Schwankungsbreite von vier Prozent. Wir nehmen das demütig zur Kenntnis. Wissen aber, dass Umfragen das eine sind und dann Wahlergebnisse das andere.

Aufgrund der angespannten finanziellen Situation der Stadt mussten Sie viele unpopuläre Einschnitte machen. Ist in den nächsten Jahren wirtschaftlich überhaupt Besserung in Wiener Neustadt in Sicht?

Also man muss das eindeutig trennen. Wirtschaftlich steht die Stadt hervorragend da. Wir haben seit dem Krisenjahr 2008 eine ständig steigende Kommunalsteuer, erst im vergangenen Jahr ist sie wieder um 150.000 Euro gestiegen. Was die unpopulären Maßnahmen betrifft: Die Menschen wissen zu schätzen, dass man ihnen nicht eine heile Welt vorgaukelt. Sie sind dankbar nicht belogen zu werden.

Aber das Leben in der Stadt ist für die Bürger deutlich teurer geworden, oder?

Wir waren vor den Gebührenerhöhungen absolut bei den günstigsten Gemeinden. Jetzt danach sind wir im Durchschnitt der niederösterreichischen Städte.

Stichwort Integration. Wie geht die SPÖ mit dem Thema um?

Ganz klar ist, der Schlüssel für eine Teilnahme an der Gesellschaft ist die deutsche Sprache. Menschen, die von woanders hergekommen sind und bei uns ihre Heimat gefunden haben, haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten. Wir wurden vielfach ausgezeichnet für unsere Bemühungen in Sachen Integration. Es ist aber auch noch viel zu tun.

Zum Beispiel in den Schulen. Teilweise liegt die Zahl der Kinder mit nicht deutscher Muttersprache in manchen Klassen bei über 80 Prozent?

Leider lässt der Landesschulrat die Gemeinden bei der Lösung dieses Problems im Stich. Wir haben im Gemeinderat einstimmig beschlossen, dass wir vom Landesschulrat bei den Hotspots Beratung und Hilfe benötigen. Leider wurden wir lapidar mit einem Schreiben abgespeist.

Fühlen Sie sich eigentlich in der Rolle des Bürgermeisters wohl oder haben Sie noch ganz andere Ziele?

Ich fühle mich ausgesprochen wohl, auch nach neun Jahren und vielen Wochen, in denen ich 80 Wochenstunden arbeite. Es kommt so viel zurück bei Bürgerkontakten, das ist sensationell. Ich sehe es als wahnsinnige Ehre, in der Stadt in der man aufgewachsen ist, mitgestalten zu dürfen. Mein Ziel ist es aber nicht, bis ins Pensionsalter Politiker zu sein. Irgendwann würde ich gerne in der Verwaltungsforschung tätig sein.

Was treibt der Privatmensch Bernard Müller?

Ich liebe den Hauptplatz, besonders die Cafés rund um den Schrauthammer-Brunnen. Auch der Akademie- und Stadtpark haben es mir sehr angetan. Meine Leidenschaft gehört auch dem Fußball, auf Grund meiner mangelnden körperlichen Fitness aber nur passiv.