Nach Unwettern: Schädling dezimiert Kartoffelernte weiter
Erdäpfel, die 24 bis 48 Stunden in absoluter Feuchtigkeit liegen, faulen. Das extreme Wetter der vergangenen Woche, samt den Überschwemmungen traf, wie fast alle landwirtschaftlichen Sektoren, auch die Erdäpfelbauern hart. Dort sollte eigentlich die Ernte voll im Gange sein. Ohnehin deprimiert, weil heuer die Schäden durch den Drahtwurm im Vergleich zum Vorjahr wieder zugenommen haben, ließen Nässe und teilweise sogar Seen in den Feldern das Erdäpfelroden nicht zu.
Handel
Laut einer Analyse sind 42,1 Prozent der eingekauften Kartoffeln im Einzelhandel festkochend, 35,4 % vorwiegend festkochend und 7,9 Prozent mehlig
55 Kilogramm
So viele Erdäpfel verspeisen die Österreicherinnen und Österreicher durchschnittlich pro Jahr
Anbau
Österreichweit werden Erdäpfel auf rund 20.000 Hektar angebaut. Mit einem Anteil von 80 Prozent daran ist NÖ das Hauptanbaugebiet für heimische Erdäpfel
Trotzdem gilt es, die gute Nachricht voranzustellen: „Trotz der Situation wird die Versorgung mit Kartoffeln gesichert sein“, sagt Franz Wanzenböck, der Obmann der IG Erdäpfelbau. In Niederösterreich liegen die größten Flächen für den Kartoffelanbau im Raum Hollabrunn, Korneuburg und im Waldviertel. Im Tullnerfeld, wo riesige Agrarflächen durch die Überschwemmungen verwüstet sind, sei aufgrund des schweren Bodens der Erdäpfelanbau ohnehin nicht ideal, sagt Wanzenböck. „Es wird aber Flächen geben, die massiv betroffen sind und wo eine Ernte nicht mehr möglich ist“, erklärt er. Vorerst noch sehr grobe Schätzungen liegen bei rund 50 Hektar.
Wie man wo zur Grundbirne sagtErklärung. Das Nachtschattengewächs mit den vielen Namen wurde im 16. Jahrhundert aus Südamerika nach Europa eingeführt und ist unter vielen Bezeichnungen bekannt. Trotzdem weiß hierzulande so gut wie jeder, was gemeint ist, wenn man Grumpan (lateinisch: Solanum tuberosum) sagt. Tatsächlich kommt das Wort von „Grundbirne“, verwendet wird es in Teilen Westdeutschlands (Rheinland-Pfalz, Saarland, Unterfranken), in Vorarlberg und im Burgenland.
Früher dürfte das Wort noch weiter verbreitet gewesen sein. Außerdem findet man den Ausdruck auch in allen südslawischen Sprachen mit Ausnahme des Bulgarischen: „Krompir“ (Bosnisch, Serbisch, Slowenisch), „Krumpir“ (Kroatisch, auch im Burgenlandkroatischen) oder „Kompir“ (Mazedonisch) werden auf das Deutsche zurückgeführt. Im Ungarischen gilt umgangssprachlich „Krumpli“. Erdapfel ist hingegen in fast ganz Österreich und in der Standardsprache gebräuchlich sowie in der Schweiz (Herdapfel) und im Osten Bayerns. Überall anders dominiert Kartoffel.Peko
Wanzenböck, selbst im Raum Zistersdorf (Bezirk Gänserndorf) als Erdäpfelproduzent aktiv, möchte ab dem heutigen Montag wieder am Feld ernten. „Auch bei uns fielen 300 Millimeter Regen, aber der Boden ist bereits aufgetrocknet“, berichtet der Landwirt. Ihm und seinen Kollegen macht allerdings eine andere Plage noch mehr Sorgen als die Feuchtigkeit.
Große Schäden
Der Drahtwurm, der schon in den vergangenen Jahren zu massiven Ernteeinbußen geführt hat, wird immer mehr zum Problem. Die für heuer ohnehin schon geringere Ernte würde durch viele geschädigte Knollen weiter dezimiert, berichtet Lorenz Mayr, der Vizepräsident der NÖ Landwirtschaftskammer. Ein Hauptmanko sei das fehlende Werkzeug gegen den Schädling in Form von Pflanzenschutzmittel, die ja verboten sind.
Die Trockenheit über den Sommer verstärkte die Problematik, weil sich der Drahtwurm die Feuchtigkeit in den Erdäpfelknollen holt. Durchlöcherte Knollen sind für den Verkauf als Speisekartoffeln absolut nicht mehr geeignet und müssten fast als Abfall für die Stärke- und die Biogaserzeugung abgegeben werde. Wenn überhaupt, könnten die Landwirte mit dem Erlös maximal die Transportkosten abdecken. „Die Bauern bleiben auf den Kosten für Saatgut, die Kulturpflege und die Ernte sitzen. „Oft ist eine kostendeckende Erdäpfelproduktion nicht mehr möglich und zwingt die Betriebe dazu, keine Erdäpfel mehr zu pflanzen“, erklärt Mayr.
Sechsprozentiger Anstieg des Ernteausfalls
Bei der heurigen Ernte rechne man jedenfalls mit einem fünf bis sechsprozentigen Anstieg des Ernteausfalls durch die Würmer, schätzt Wanzenböck .
Im Vorjahr waren rund zehn Prozent der Kartoffelernte von 576.800 Tonnen wegen des Wurmschadens nur mehr als minderwertig zu verarbeiten. Diese Menge dürfte heuer deutlich höher sein. 2023 betrug die Ernte ohnehin schon um rund 100.000 Tonnen weniger als 2022.