Chronik/Niederösterreich

Orte ersticken im Verkehr: "Dann demonstrieren wir täglich"

Stiller Protest sieht anders aus: Weil seit Jahren der Weiterbau der S3 nördlich von Hollabrunn auf Eis liegt und der Transit-Verkehr durch alle Ortschaften donnert, gingen die Bewohner von Guntersdorf nicht nur auf, sondern über die Straße. Die Folge: Der Verkehr wurde zäher und zäher bis schließlich der Rückstau in beiden Richtungen über die Ortseinfahrten hinausreichte.

Es war bereits die vierte Demonstration in den Ortschaften entlang der B303 um die unhaltbare Lebenssituation in den Gemeinden aufzuzeigen. "Ich bin vor drei Jahren hierher gezogen. Der Verkehr hat sich in dieser Zeit verdoppelt", sagte Maria Eder. Sie hatte auch eine Tafel mit der Aufschrift "17.500 Fahrzeuge täglich. Das ist zu viel" mit dabei.

Schon vor Wochen hatte Wilfried Hammer vom " Bürgerforum Guntersdorf" mit einigen Mitstreitern den Verkehrsfluss zum Erliegen gebracht. Diesmal kamen noch mehr Aktionisten. Die Polizei rückte mit 17 Beamten an. Aber nicht nur zur Überwachung der Demo vor dem Gemeindeamt.

Sicherheit

"Wenn der Stau das Ortsgebiet verlässt und ins Freiland kommt, dann wird es heikel", sagte Bezirkspolizeichef Otto Schwingenschlögel. Pünktlich um 17 Uhr querten die Demonstranten nach und nach den Zebrastreifen und zwangen so die Autos und Sattelschlepper zum Abbremsen. Anfangs spazierten die Mütter, Väter, Kinder und Senioren eher zögerlich über die Straße, doch bald in permanentem Fluss. Die Polizei leitete kurzfristig Lkw über Wullersdorf um. "Ich wohne in Schöngrabern. Wir haben viele Krebspatienten. Ich selber bin an Leukämie erkrankt", sagt Roland Ortner. Trotz anstehender Theater-Generalprobe in Geitzendorf nahm er sich Zeit für die Protestkundgebung zum Bau der elf Kilometer langen Umfahrungstrasse. Um die fehlende Verkehrssicherheit zu untermauern, inszenierte Ortner einen Radunfall mit Babypuppe.

Trotz Einladung kam SPÖ-Verkehrsministerin Doris Bures nicht. "Diesmal gab es auch keinen Brief von ihr", so Hammer. "Notfalls machen wir die Demos täglich", sagt Pensionist Herbert Leibl. Als nächstes soll vor dem Verkehrsministerium in Wien demonstriert werden.