Nikolaus ist emanzipiert: Krampus ist out
"Der Nikolaus schimpft und droht nicht. Er kommt nicht vom Himmel, sondern er ist einfach nur verkleidet." Lisa Funiak von der Katholischen Jugend weiß, wovon sie spricht. Wenn sie Anfang Dezember ins goldrote Bischofsgewand schlüpft und von Haus zu Haus die Familien besucht, verzichtet die angehende Pädagogin sogar auf den weißen Rauschebart. Das schmälert das Erlebnis und die Freude der Kinder keineswegs, versichert die junge Blondine.
Es ist eine illustre 25-köpfige Runde aus Niederösterreich und Wien, die zur Nikolaus-Schulung im Pfarrheim von Purgstall eingerückt ist. Josef Muhr, Diakon aus Weistrach und Grandseigneur der Nikoläuse, hält seit Jahren Kurse für angehende Kollegen ab. Aber auch Profis sind gekommen. Sie suchen neue Ideen für ihre Auftritte.
"Ich besuche oft Familien, wo ich schon für die heutigen Väter in deren Kindesalter der Nikolo war. Die meinen, ich hätte damals die selben Geschichten erzählt", beklagt ein Teilnehmer. Auch Christine Leb aus Frankenfels ist auf der Suche nach Neuem. Trotzdem: Auch nach 28 Jahren als weiblicher Nikolaus möchte sie auf "die glänzenden Kinderaugen niemals verzichten". Renate Kloihofer ist Musikantin und begleitet den Nikolo. Weil der im Vorjahr von zwei kleinen Schlingeln richtig gepiesackt wurde, erhofft sie von Ober-Nikolo Muhr hilfreiche Tricks. Rudolf Beer aus Neuhofen, Chef einer Bestattungsfirma, verwandelte sich im Vorjahr erstmals in Nikolaus. "Ich will hier alles darüber wissen", erklärt er.
Know How
Wissbegierig ist Jung-Nikolo Manuel Lehenbauer aus Zeillern: "Ratlos war ich, als Kinder mit mir singen wollten, aber ihre Lieder aus dem Kindergarten habe ich nicht gekannt". Den letzten Schliff erwartet sich Eduard Riedl aus Maria Anzbach. Im Herbst wird er Nikolaus immer ähnlicher: "Ich lasse den Bart wachsen, auch wenn’s meine Frau wenig freut".
Josef Muhr ist ein frommer Mann. Die christliche Botschaft und großes Wissen um den legendären türkischen Bischof aus Myra bei Antalya sind seine Basis. Absolute Wertschätzung und Respekt vor den Kindern sind absolutes Credo. Deshalb hat er bei seinen Einsätzen den Krampus nicht dabei. Doch der schaurige Nachkomme der heidnischen Schiachperchten lässt sich bei den Teilnehmern nicht so recht wegdiskutieren. Schon alleine, wenn er in der Nähe ist, verschaffe das dem Nikolo-Auftritt mehr Aufmerksamkeit, meinten manche.
Josef Muhr, der Gütige, lässt auch diese Meinungen gelten und geht trotzdem seinen Weg. Dazu gehört auch, einen Schoko-Weihnachtsmann in der Hand, klar aufzuzeigen, dass Santa Claus eigentlich wenig Rückhalt in unserem Kulturkreis hat.