Niederösterreichs Energieversorger dreht Kohlestrom ab
Von Matthias Hofer
Niederösterreich legte kürzlich seine Energiepläne bis 2030 dar. Die Kernpunkte dabei: Klimaschutz, Energiesparen und sauberer Strom.
Den Ankündigungen folgt jetzt ein erster gewichtiger Schritt: der Landesenergieversorger EVN verabschiedet sich vom Kohlestrom.
Die Kohleverstromung im Kraftwerk Dürnrohr soll noch im Herbst 2019 eingestellt werden. Seit Monaten wird in Dürnrohr die vorhandene Restkohle verstromt. Sie reicht insgesamt noch für rund 30 Betriebstage. Neue Lieferoptionen wurden nicht mehr gezogen.
Das Kraftwerk war seit 1986 ein Eckpfeiler der Versorgungssicherheit Ostösterreichs. Zu Spitzenzeiten war an diesem Standort Steinkohle für bis zu einem Jahr Produktion gelagert.
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: "Das ist ein richtiger Schritt, weil die Stromerzeugung durch Kohle die CO2-schädlichste Erzeugungsform ist. Niederösterreich ist schon jetzt Vorreiter bei der Stromerzeugung durch Erneuerbare Energien. Jetzt geht es darum, den Kohleausstieg mit vereinten Kräften in ganz Europa voranzutreiben.“
Versorgungssicherheit
Der Ausstieg aus der Kohleverstromung sei ein Beitrag zum Klimaschutz in Österreich, bringe aber gleichzeitig große Herausforderungen für die heimische Versorgungssicherheit. Deshalb soll Dürnrohr "als wichtiger innovativer Energiestandort" weiterentwickelt werden.
Schon jetzt nutzt die EVN 500.000 Tonnen Haus- und Gewerbemüll pro Jahr als Brennstoff zur Strom- und Wärmeerzeugung. Aus dem Müll wird Strom für 170.000 Haushalte und Fernwärme für die Landeshauptstadt St. Pölten erzeugt. Auch Industriebetriebe werden von Dürnrohr aus mit Energie versorgt.
Künftig soll dort auch der niederösterreichische Klärschlamm einer sinnvollen Verwertung zugeführt und zur Strom- und Wärmeerzeugung verwendet werden.
Zusätzlich wird derzeit von der EVN die Errichtung einer großen Photovoltaik-Anlage am Standort vorbereitet. In nächster Zeit sollen mehr als 20 Millionen Euro in den Standort Dürnrohr investiert werden.
Zahlen, Daten, Fakten
Österreich erzeugt derzeit rund 350 Megawatt Strom im Kohlekraftwerk Dürnrohr und 250 Megawatt (MW) im Kraftwerk Mellach, in Summe also 600 MW aus Kohlekraft. Der CO2-Ausstoß in beiden Kraftwerken liegt bei bis zu zwei Millionen Tonnen pro Jahr.
Kohle zählt zu den größten CO2-Emittenten in der EU. Im Jahr 2015 gingen 18 Prozent der gesamteuropäischen CO2-Emissionen von den (damals) 284 Kohlekraftwerken aus. Heute erzeugen noch 24 von 28 EU-Ländern Strom aus Kohlekraft, noch sind 260 Kohlekraftwerke aktiv.
Übrigens erzeugen 14 von 28 EU-Staaten Strom aus Atomkraft. Leuchtende Beispiele wie Lettland, Luxemburg, Malta oder Zypern verzichten sowohl auf eigene Atom- als auch auf Kohlekraftwerke, sind aber deutlich kleinere Volkswirtschaften als Österreich. Unter der österreichischen Ratspräsidentschaft wurde beschlossen, dass ab 2025 Mitgliedsstaaten Kohlekraftwerke nicht mehr mit Beihilfen subventionieren dürfen.