Nazi-Tätowierungen waren „nur depperte Provokation“
Von Stefan Jedlicka
Aus dem „Sonnenrad“ ist ein Autoreifen geworden. Zum Beweis seines Sinneswandels zieht der Angeklagte sein Hosenbein hoch und zeigt die mittlerweile veränderte Tätowierung am Unterschenkel. Zuvor war hier das in Neonazi-Kreisen wohlbekannte Ersatzsymbol für das Hakenkreuz – auch „Schwarze Sonne“ genannt – zu sehen.
Künstlerisch anspruchsvoll ist die entschärfte Version zwar nicht, aber „da hat man halt nicht viel draus machen können“, meint der 48-jährige Niederösterreicher fast entschuldigend.
SS-Symbole
Mehr ins Zeug gelegt hatte sich sein Tätowierer bei den drei weiteren Motiven, die den Körper des Angeklagten zierten: Eine Minion-Zeichentrickfigur mit Frisur und Bart Adolf Hitlers, eine lasziv dreinblickende Frau in SS-Uniform und ein Soldat mit Gasmaske und ebenfalls mehreren SS-Symbolen. Sie alle sind mittlerweile verschwunden – aus dem Minion wurde etwa der verstorbene Hardrocker Lemmy Kilmister, Sänger der Band Motörhead.
Überhaupt habe er keinerlei Sympathie für den Nationalsozialismus, beteuert der 48-Jährige. Die Tätowierungen seien nur Provokation gewesen. „Das war einfach deppert von mir.“ Dass sein Tätowierer Schaufensterpuppen in SS-Uniformen in seinem Keller aufgestellt hatte, sei ihm nicht aufgefallen. Seit der Verurteilung des Mannes wegen Wiederbetätigung habe er jeden Kontakt zu ihm abgebrochen.
Außerordentlich mildes Urteil
Die Lebensgefährtin des Angeklagten bestätigt, dass dieser keine Anzeichen für nationalsozialistisches Gedankengut gezeigt habe: „Sonst wäre ich nicht bei ihm geblieben.“ Weil auch Durchsuchungen seiner Wohnung und seines Handys keinerlei Kontakte des Mannes zur rechtsradikalen Szene ergaben, machen die Geschworenen letztlich sogar von der Möglichkeit „außerordentlicher Strafmilderung“ Gebrauch, um die im Strafgesetzbuch vorgesehene Mindeststrafe von einem Jahr Haft unterschreiten zu können: Acht Monate bedingt. Nicht rechtskräftig.