Mäster sehen ihre Existenz bedroht
Neugierig, gar nicht schreckhaft drängen sich optisch kerngesunde Putenhennen an das Objektiv des Fotografen. Im Maststall von Landwirt Martin Kattner in Oed im Mostviertel tummeln sich derzeit 4000 Puten. Vor zwei Jahren seien es im selben Stall 6000 gesunde Tiere gewesen, erzählt der Mäster. Das neue rigorose Bundestierschutzgesetz setzt ihm und den anderen 80 österreichischen Putenmästern jetzt aber bis zur Existenzbedrohung zu. Weil am selben Platz viel weniger Tiere als früher gehalten werden dürfen, droht das Szenario, dass es bald gar keine Puten mehr in heimischen Ställen geben könnte, schlagen Bauern Alarm.
Mit einem Lokalaugenschein und einem Hilfsappell schilderten Mäster aus dem Bezirk Amstetten Niederösterreichs Agrarlandesrat Stephan Pernkopf die Lage. Mit 14 Mästern ist die Region österreichweit an vorderster Stelle. "In der Besatzdichte wird bei uns 40 Kilo Pute pro Quadratmeter erlaubt, in den Ländern rund um Österreich sind es 60 bis 75 Kilo. Preislich können wir gegen diese Produktionen nicht mithalten. Ausländische Pute überschwemmt den heimischen Markt", schilderten Kattner und seine Kollegen.
Käfigeier
Vergleiche mit dem Verbot der Käfighühner und der damit verbundenen Schwemme billiger ausländischen Käfigeier wurden geschildert. So wie bei den Legehühner drohe nun der heimischen Putenmast das Aus.
Getreide exportieren zu müssen und dann schlechte ausländische Qualität beim Putenfleisch zu importieren, sei absurd, "zudem exportieren wir wichtige Arbeitsplätze", zeigte Pernkopf Verständnis. Vor allem die Fülle an teuren und zeitraubenden Kontrollen, die Handelsketten und Behörden in den Betrieben durchführen, will Pernkopf als künftiger Sprecher der Agrarlandesräte reformieren.
Tatsächlich sei der Versorgungsgrad mit heimischer Pute bereits dramatisch unter 40 Prozent gesunken, warnte Martin Pirklbauer von der Geflügelmastgesnossenschaft. Auf einen Putenmäster kommen schon 100.000 heimische Konsumenten. Bis auf eine rotweißrote Supermarktkette vermarkten alle anderen ausländische Pute. In Mengen kommt Fleisch aus Ungarn, aber auch aus Israel und der Ukraine.
Zusage
Mit einem Konzept, das Tiergesundheit und Wirtschaftlichkeit unter einem Hut bringt, habe man vom früheren für den Tierschutz zuständigen Gesundheitsminister Alois Stöger – er wechselte ins Verkehrsministerium – und aus der Regierungskoalition bereits Signale für eine Lockerung der Besatzdichte auf international übliche 60 Kilo pro m² erhalten, erklärte Pirklbauer. "Dazu haben 80 Prozent der Mäster bei einem vernünftigen Gesetz Investitionen von 80 bis 100 Mio. Euro angekündigt. Das wären 200 Arbeitsplätze", rechnete er vor.
Höchste Bauernvertreter werden nun im Dezember die Probleme in der Putenbranche bei der neuen Tierschutzministerin Sabine Oberhauser vorbringen. "Die Situation ist der Ministerin bekannt. Gleichzeitig sind wir stolz auf den hohen Tierschutzstandard und die Produktionsqualtität. Die Ministerin wird sich damit auseinandersetzen", bestätigte Oberhausers Sprecherin Sabine Leidinger den anstehenden Termin.