Leben am Land auf der Kinoleinwand
Von Teresa Sturm
Die kleine Dorfschule, der letzte Laden, die politische Autonomie als Gemeinde. Das seien laut Teresa Distelberger die Dinge, die man im Leben am Dorf vielleicht vermissen würde. Also spürte die Regisseurin für ihren Film „Rettet das Dorf“ Persönlichkeiten auf, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, Einrichtungen dieser Art zu schützen. Der Film ist ab heute im Kino zu sehen.
Konzept war es, einen Film über die Probleme im Dorf zu machen. „Dorfsterben war eher ein Überbegriff, dahinter laufen viele Parallelprozesse. Landarztpraxen, die schließen, Wirtesterben, das Schließen von Schulstandorten, Aussterben von Ortskernen oder auch ein politisches Sterben von Gemeinden“, schildert Distelberger.
Also hat sie sich mit Menschen getroffen, die entschieden haben, an ihren Heimatort zurückzukommen „oder einen Neustart am Land zu wagen und neue Impulse zu setzen“, erzählt die Filmemacherin.
Innovative Projekte
So werden in der Dokumentation etwa eine innovative Firma, ein Ärztezentrum in der alten Hauptschule oder ein Coworking Space im ehemaligen Wirtshaus gezeigt. Für die Protagonisten habe Distelberger „archetypische Menschen“ eines Dorfs verteilt über ganz Österreich gesucht. Die Lehrerin, den Bürgermeister, die Nahversorgerin zum Beispiel. Gedreht wurde in jedem Bundesland.
„Rettet das Dorf“ sei, so Distelberger, demnach ein Film , wo sie „herauszoomt und die Geschichte in einen europäischen Kontext einbettet, aber auch hineinzoomt in konkrete Orte, wo sich Menschen engagieren und mutige Perspektiven zeichnen“.
Zum Beispiel Menschen, wie Theresa Steininger, die mit ihrer in Wien gegründeten Firma „Wohnwagon“ in die Abwanderungsgemeinde Gutenstein (Bezirk Wiener Neustadt-Land) gezogen ist. Ein leer stehendes Dorfgasthaus wurde als Dorfprojekt gekauft und ist mittlerweile Coworking Space und macht neue Firmenansiedlungen möglich.
Menschen, die da sind
„Was Dörfer in der Zukunft brauchen, ist wirklich Leben vor Ort und Arbeit vor Ort. Also Menschen, die untertags da sind“, sagt Steininger. Das würde auch ganz neue Jobmöglichkeiten bedeuten, so die Unternehmerin.
Distelberger selbst ist am Rand von Herzogenburg (Bezirk St. Pölten Land) aufgewachsen. Ihre Mutter kommt aus einem kleinen Dorf in der Steiermark, ihr Vater aus der Nähe von Wieselburg. Die Herausforderungen und Möglichkeiten auf dem Land spielten also schon immer eine Rolle im Leben der Regisseurin. „Ich habe als Kind erlebt, dass ich in den beiden Handarbeitsgeschäften alles für meine Basteleien bekomme, war im Reitstall … also ich bin da schon nahe dran gewesen.“ Schon beim Laden ihres Großvaters – er war Schuster – habe sie miterlebt, wie schwierig es ist, so ein Geschäft aufrechtzuerhalten.
Wenn die Regisseurin von ihrem Film spricht, ist es ihr wichtig zu betonen, dass das ohne Team nicht möglich wäre. Wie schon bei ihrem letzten Film „Die Zukunft ist besser als ihr Ruf“, stamme viel vom Inhalt von gemeinsamen Reflexionen. „Ich mag gerne das gemeinsame Denken und Arbeiten“, sagt sie.
„Es wird geredet“
Inhalte, die eine aktuelle Brisanz haben, liegen Distelberger: „Was ich besonders an meinem Beruf liebe, ist, dass ich ein Thema aufgreifen kann, das in der Luft liegt und eine Grundlage für eine Diskussion schaffe. Es wird einfach geredet danach. Das wünsche ich mir, dass sie sich darüber unterhalten. Vielleicht gibt der Film der einen oder anderen Person die Ermutigung, etwas selbst in die Hand zu nehmen oder einfach die Bestärkung, weiterzumachen.“
Momentan ist die Niederösterreicherin mit dem Film auf Tour durch Österreich. Dennoch hat sie bereits Ideen für künftige Projekte. Etwa das Thema Gedenken und Aufarbeitung des Nationalsozialismus liegt derzeit im Fokus. Dafür recherchiert sie gerade die Geschichte einer jüdischen Familie, die Trachten hergestellt hat und das Dirndl in München erst modern gemacht hat.
Einerseits interessiert sich Distelberger also dafür, wie wir als Gesellschaft mit der Vergangenheit umgehen. Andererseits beschäftigt sie sich mit dem Gestalten der Zukunft: „Es geht nicht darum naiv zu sagen, ‚es wird eh alles gut‘, sondern um Themen, die in einen positiven Ausblick eingebettet sind.“