Klassenbuch als „Corpus Delicti“

Die Direktorenbesetzung an der Wr. Neustädter HTL war ein jahrelanger Dauerbrenner. Sechs Jahre später bringt der dazu gehörige Strafprozess brisante Details über die Machenschaften an der Schule ans Tageslicht.

Am Donnerstag kam es am Landesgericht Wr. Neustadt zur Zeugenaussage der Schlüsselfigur des Prozesses: Wolfgang V. (59) war im Schuljahr 2006/07 Schulleiter. „Es gab aber sehr große Widerstände gegen mich“, so der Pädagoge. Der politische Wunschkandidat brachte nämlich nicht einmal die fachlichen Voraussetzungen für den Posten mit. Dementsprechend groß waren die Proteste jener Kandidaten, die im Bestellungsverfahren besser gereiht waren aber dennoch nicht zum Zug kamen.

Einer von ihnen war Erich Greistorfer. Er war bereits Lehrer an der HTL und über V.s Bestellung erzürnt. Wegen des Konflikts, so die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt, soll Wolfgang V. zusammen mit einem Lehrerkollegen und zwei Schulangestellten versucht haben, Greistorfer zu „vernadern“. Der Strafantrag gegen das Quartett lautet auf Verleumdung und falscher Beweisaussage. In der aufgeheizten Stimmung schwärzte Wolfgang V. seinen Kontrahenten um den Chefsessel beim nö. Landesschulrat an. In der Sachverhaltsdarstellung stand, dass Greistorfer im Schuljahr 2001 26 Unterrichtsstunden nicht gehalten hätte. Die entsprechenden Einträge und Unterschriften würden im Klassenbuch fehlen.

Da die Einträge jedoch vorhanden waren, bezichtigten die Angeklagten Greistorfer die Unterschriften nachträglich gemacht und somit einen Betrug begangen zu haben.

Bundeskriminalamt

Der Gutachter des Bundeskriminalamtes schließt das aus. Laut den Grafologen erfolgten die Klassenbucheinträge lange vor 2007. Die Richterin wollte wissen, was Wolfgang V. eigentlich dazu brachte, wegen Jahre zurück liegender Vorgänge nachzuforschen? „Das war ja gar nicht in ihrer Amtszeit. Haben sie nach etwas gesucht, um den Herrn Greistorfer anzupatzen?“, so die Richterin. Die Antwort lautete „Nein“. Fortsetzung: 28. November.