Chronik/Niederösterreich

Justizbeamter kämpft gegen Suspendierung

Der Fall ist weit weg von einem Sexskandal eines Dominique Strauss-Kahn. Stoff für einen Psycho-Thriller birgt die Geschichte des seit neun Monaten vom Dienst suspendierten Justizbeamten Erich Havel aber allemal.

Verbal und körperlich soll der Beamte der Justizanstalt Wien-Josefstadt eine Kollegin bedrängt, bedroht und genötigt haben. Der 50-Jährige behauptet und versucht zu beweisen, dass die Frau lügt, sie wiederum kündigt weitere Enthüllungen an (siehe Artikelende). Und die Mühlen der Justiz mahlen langsam.

"Es ist wie in einem schlechten Film. Ich bin den Aussagen der Frau ausgeliefert, kann nicht mehr schlafen und bin nervlich am Boden", sagt der Mostviertler.
Seit mehr als 30 Jahren arbeitet Havel bei der Justiz, bisher gab es nie Probleme. Eine von ihm initiierte Versetzung in die Außenstelle Wilhelmshöhe brachte Havel aber kein Glück. Ab April 2010 arbeitete er dort, wo er auch mit der Justiz-Krankenschwester in Kontakt kam. "Es gab keine Zwischenfälle. Das können Kollegen bestätigen", versichert Havel.

Vorwürfe

Plötzlich, im Jänner dieses Jahres, tauchten allerdings die Sex-Vorwürfe der Frau auf. Wilde Anschuldigungen soll die 43-Jährige zuerst bei der Dienstaufsicht gemacht haben: Havel habe sie sexuell bedrängt und im Stiegenhaus sogar im Genitalbereich begrapscht. Am 15. Februar zeigte sie dann auf einem Polizeiwachzimmer in Wien-Floridsdorf an, dass Havel sie vor ihrem Haus bedroht habe.
Obwohl dieser Beweise vorlegte, dass er zur angezeigten Zeit nicht dort gewesen sein konnte, wurde er sofort suspendiert.
"Höchst dubios. Die Unterlagen zeigen, dass er aus rein zeitlichen Gründen nicht dort gewesen sein kann. Die Frau hat keine Zeugen", sagt sein Anwalt Marc Gollowitsch.

"Ich war mit meiner Frau in Pressbaum. Sie hat das auch bei der Polizei ausgesagt", sagt Havel verzweifelt und zeigt zwei entsprechende Bahnfahrscheine von Wien nach Pressbaum. Einen Supermarkt-Kassenbon und eine von ihm angestrengte Handyortung hat er der Polizei ebenfalls vorgelegt.

Andere Anschuldigungen würden sich simpel durch die Dienstpläne in Luft auflösen, behauptet Havel. Laut Anzeige habe er die Kollegin etwa im Juli 2010 belästigt: "Da war ich aber gar nicht auf der Wilhelmshöhe."

Nach dem Silvesterdienst wiederum soll er der Frau beim Neujahrswunsch die Hand abgeleckt haben. Havel: "Eine Frechheit. Ich hatte zu Silvester gar nicht Dienst und war nicht dort."
Den angeblichen Übergriff im Stiegenhaus machte die Frau erst publik, als die Videos der Kamera dort schon gelöscht waren.

Komplott?

Warum sollte eine Frau solche Lügen erfinden? Erich Havel: "Ich weiß es nicht. Vielleicht sind es psychische Probleme. Vielleicht steckt auch ein Komplott rund um die Dienststelle dahinter."
Er selbst habe jedenfalls erst im Mai 2010 geheiratet und lebe in einer glücklichen Beziehung, sagt Havel.

Gegenseite: "Die Angaben der Frau sind nachvollziehbar"
Ich möchte nicht in des Teufels Küche kommen. Es ist mir nicht erlaubt, zu der Angelegenheit Stellung zu beziehen." Die 43-jährige Justizkrankenschwester, die ihren Kollegen schwer belastet, gibt sich im KURIER-Gespräch zurückhaltend.
Nach Anfrage in der Vollzugsdirektion sei es ihr nicht gestattet, Auskünfte zu geben. Havel riskiere mit seinem Gang an die Öffentlichkeit viel, glaubt die Frau. Auch deutet sie an, dass noch weitere Vorwürfe auftauchen könnten. Ihre Anwältin Christine Wolf steht ihr bei und meint: "Die Angaben meiner Mandantin sind für mich klar nachvollziehbar." Wie der Justizbeamte Havel beklagt auch die Krankenschwester die Länge des Verfahrens.

Die Entscheidung, ob es zur Anklage kommt, liege nun bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien, sagt Kerstin Scheuchl von der Vollzugsdirektion. Den Fall, den sie als Mitglied der Disziplinarkommission kenne, dürfe sie nicht kommentieren.
Die Länge der bereits neunmonatigen Suspendierung sei in derartigen Fällen nichts Außergewöhnliches, sagt Scheuchl. "Ich erinnere mich an eine Geschichte, da dauerte die Suspendierung dreieinhalb Jahre."