Chronik/Niederösterreich

„Gemma alle Baustelle“: Gegen die Ängste der Migrantenkinder

„Euch stehen viele Türen offen. Ihr könnt’ fast alles werden, es liegt an euch“.

Vielleicht hätte es der in der Türkei geborene Aytunç Bahar auf seinem Karriereweg zum Polizeibeamten in Wien als Jugendlicher leichter gehabt, hätte er in der Schulzeit ähnliche aufmunternde Begegnungen gehabt. Bei den 20 Schülern der 3D-Klasse der Neuen Mittelschule Amstetten fand er jedenfalls gespannte Aufmerksamkeit. Gemeinsam mit der gebürtigen Kosovarin Drita Cacaj berichtete Bahar vor der Migrationsklasse als ehrenamtlich Integrationsbotschafter über die eigene holprige Integration.
Klassenlehrerin Julia Theyer hatte hat beim Integrationsfonds um die Entsendung der „Botschafter“ gebeten. „Ich habe gemerkt, dass die Kinder wenig Zuversicht in die eigene Zukunft haben, weil sie Ausländer sind“, berichtet die Lehrerin. Sie merke auch, dass die Schüler im Freundeskreis und daheim wenig Bezug zu Österreich haben. Als auch noch der Spruch „gemma alle gemeinsam Baustelle“ die Runde machte, entschloss sich die junge Pädagogin zur SOS-Aktion.

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Zwei der 400 in ganz Österreich aktiven Botschafter der Aktion „Zusammen:Österreich“ wurden nach Amstetten entsandt. „Wir wollen Vorurteile abbauen und Motivation schaffen“, leitete Betreuerin Jelena Antic den Workshop mit den eher schüchternen Jugendlichen ein.

Gastarbeiterkind

Schwierig sei es für sie als Gastarbeiterkind in den 1970er-Jahren gewesen, erzählte Drita Cacaj. Als einziges Ausländerkind in der Klasse der Klosterschule habe sie sich trotzdem nie unterkriegen lassen. „Man muss wollen und lernen, dann kann man alles schaffen“, erzählte sie über ihr Dolmetschstudium. „Natürlich könnt ihr das schaffen“, motivierte sie zwei Mädchen aus dem Kosovo und Tschetschenien. Eine will Berufsfotografin, die andere Ärztin werden.

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Auch der in Tirol aufgewachsene „Türke, der plötzlich Polizist werden wollte“ berichtete über allerlei Hürden. Der 30-jährige Aytunç Bahar bedauert, selbst ein fauler Schüler gewesen zu sein. Die Matura habe er nun vor zwei Jahren nachgeholt. Er hatte drei Tipps für die Schüler parat: „Nicht aufgeben und immer einen Plan B parat halten“. Wer mit den Lehrern mitzieht, lernt besser und bekommt besser bezahlte Jobs. Und: „Das Schulsystem eröffnet so viele Möglichkeiten und fördert euch. Nützt sie.“

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