Ein Bayer in der Wahlkampfmaschine
Von Matthias Hofer
Der Nieselregen. Er war schuld, dass am Wahlkampf-Foodtruck keine Menschentrauben hingen. So sehr der Schmarrn aus Brüsseler Waffeln auch lockte, fast alle der rund 1800 Angereisten suchten am Dienstagabend lieber gleich Obdach im Wieselburger Messezentrum. Während aber draußen das "Mandl-Pfandl" kaum Abnehmer fand, wurden drinnen die Sessel knapp. Die nö. Volkspartei musste für ihren "blau-gelben Europa-Abend" auch das Stehplatzkontingent der Halle voll ausschöpfen. So viele waren gekommen, um Landeshauptfrau, Bundeskanzler und nicht zuletzt den Spitzenkandidaten der Europäischen Volkspartei live zu erleben.
Das Setting war VPNÖ-typisch: Videowalls, Live-Band, ausladende Bühnentechnik und saaltauglicher Moderatoren-Schmäh ("Ich würde nie eine SPÖ-Veranstaltung moderieren, da würde mir vorher die Zunge abfallen").
Unmittelbar nach der verjazzten Beethoven-Neunten wurde es ernst. Recht ernst. "Die Wahlbeteiligung sinkt", warnte Landesmanager Bernhard Ebner als Eröffnungsredner. Und er machte deutlich, worum es den Schwarzen in erster Linie geht: Ihre eigenen Sympathisanten zu mobilisieren - jüngsten Umfragen zufolge wollen 34 Prozent der deklarierten ÖVP-Wähler nicht an der EU-Wahl teilnehmen. Ebner: "Die breite Mitte verliert an politischem Einfluss, extreme Linke und extreme Rechte gewinnen an Einfluss."
Kandidaten
Niederösterreichs ÖVP-Spitzenkandidat Lukas Mandl, ihm verdankt das Foodtruck-Pfandl seinen Namen, ließ den Saal wissen, er hole sich im Wahlkampf "seinen Auftrag für Europa" ab: "Überall, wo wir politische Funktionen ausfüllen, ist das eine Dienstleistung für unsere Bürger." Dass Mandl weiterhin Dienstleister bleibt, ist alles andere als fix. Die ÖVP entsendet ihre Kandidaten nach Anzahl der Vorzugsstimmen und Mandl hat in Niederöstrreich starke Konkurrenz. Einerseits mit Bundesspitzenkandidat Othmar Karas, ebenfalls Niederösterreicher, und auch der. nö. Bauernbund stellt mit Alexander Bernhuber einen eigenen Landesspitzenkandidaten.
Karas appellierte ans Publikum: "Bitte lasst uns nicht allein. Europa ist überall. Bitte entscheidet mit." Er warnte vor extremen Gruppierungen: "Egal, ob sie links oder rechts abbiegen, sie wollen die EU auf jeden Fall in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft führen."
Vergangenheit
Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner, gebürtige Weinviertlerin, griff das Stichwort der Vergangenheit auf: "Ich habe selbst miterlebt, wie es war, wie wir von unseren Nachbarn durch Soldaten, Stacheldrähte und Zäune abgeschnitten waren. Als noch Stillstand in der Grenzregion herrschte, weil niemand am Rand der freien Welt investieren wollte. Ich möchte nie wieder zurück in die alte Zeit." Sie habe nämlich auch die Zeit danach erlebt, wie unser Land aufgeblüht ist - in und mit Europa." Als Exportland sei Niederösterreich besonders von der EU abhängig, als Lebensmittelproduzent von den Agrarförderungen. Und NÖ belege im Bundesländervergleich den ersten Platz, wenn es darum geht, EU-Fördermittel abzuholen. "Wir müssen die starke Stellung Niederösterreichs durch eine starke Vertretung in Europa nachhaltig festigen", so Mikl-Leitner.
Seitenhieb
Bundeskanzler Sebastian Kurz und EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber warben in Wieselburg einmal mehr für eine Reform der EU. "Durchlüften, die Praktiker ranlassen, den Hausverstand einschalten", fasste es Weber zusammen.
Das Nicken und die "Genau"-Sager im Publikum und die Standing Ovations gaben Weber recht. Wieselburg, fast ein Heimspiel für den gebürtigen Bayern. Auch wenn sich Bernhard Ebner einen Seitenhieb nicht verkniff und Weber daran erinnerte, dass die VPNÖ "um ein Drittel mehr Mitglieder hat, als die CSU in Bayern".