Der Wirt vom Wienerwald
Von Markus Foschum
Es war alles für die große Jubiläumsfeier angerichtet – ein Tribute für Falco sollte erklingen, 80er-Jahre-Popstar Paul Young und Austropopper Boris Bukowski auftreten. Daraus wird jetzt nichts – Corona. „Schon bitter, wir haben das so lange vorbereitet, aber das Jahr wird so auch erinnerungswürdig“, sagt Niki Neunteufel und lacht. Der Anlass hätte sich ein lautstarkes Geburtstagsständchen verdient: Vor 30 Jahren wurde das Nikodemus geboren. Ein In-Lokal und Musik(er)-Treff mitten im Wienerwald.
Das Gasthaus am Hauptplatz von Purkersdorf ist seit 250 Jahren im Familienbesitz. Der kleine Niki, der eigentlich Franz heißt, aber Niki Lauda als Idol hatte, ist „unter den Gästen großgeworden, meine Hausarbeiten hab ich am Wirtshaustisch gemacht.“ Damals war Purkersdorf noch „sehr ländlich. Die Hauptstraße mit dem Durchzugsverkehr ist genau vor unserem Gasthaus vorbeigegangen“, erinnert sich Neunteufel.
Eigentlich wollte er Tierarzt werden, aber die Aussicht auf ein langes Studium war dann doch nicht so verlockend und so wurde es die Hotelfachschule. Als Rezeptionist für das Hotel Intercontinental in Wien kam er mit der großen weiten Welt in Kontakt und war fasziniert. Es folgten Jobs in Restaurants auf Hawaii und in Kalifornien und „ein Jahr hab ich beim Bau in Australien gearbeitet.“ Weil es aber keine Arbeitsgenehmigung gab, kehrte der 22-Jährige 1989 zurück. „Da hatte sich einiges verändert. Es gab einen jungen Bürgermeister namens Karl Schlögl und statt der Durchfahrtsstraße eine Fußgängerzone.“
Schicksalsbegegnung
Dann eröffnete das Schicksal (oder Glück) neue Chancen: Wolfgang Ambros kannte Neunteufel schon länger. „Meine Großmutter und seine Mutter waren befreundet. Er war als Kind oft bei uns.“ Jetzt war Ambros aber der Star des Austro-Pops und als Niki Neunteufel ihn auf einer Tournee begleiten durfte „hab ich Lunte gerochen. Das ist genau, was ich will.“
Gemeinsam sorgte man für eine Belebung der neuen Fuzo: „Wir haben Konzerte organisiert. Das war sehr simpel gestrickt und wir wussten am Freitag oft noch nicht, wer am Samstag auftritt. Im Herbst 1989 gab es dann ein Wolfgang-Ambros-Konzert. Unter dilettantischen Umständen, aber damit wurde Aufmerksamkeit erzeugt.“
Eigentlich wartete Neunteufel zu der Zeit auf die Arbeitsgenehmigung für Australien, aber stattdessen kam eine tolle Idee: Ein Musik-Lokal wie in Wien. „Mein Vater hat nur gelacht und gesagt: Na gut, dann nehmt halt den Ballsaal, der steht eh leer. Niemand dachte, dass das funktioniert.“ Doch genau das tat es – 1990 feierte das Nikodemus Eröffnung. „Bundeskanzler Franz Vranitzky hat damals auch einmal wöchentlich mit Schlögl Tennis gespielt und ist dann zu uns zum Bundeskanzlerstammtisch gekommen, das hat großes Aufsehen verursacht“. Der Erfolg stelle sich ein. „Nicht langsam, sondern von null auf hundert in einer Sekunde. Mit 23 hab ich gar nicht realisiert, was ich für Glück hatte. Ich war aber auch intelligent genug, die Möglichkeiten zu nutzen und ein Netzwerk aufzubauen.“
Star-Treffpunkt
Es ging Schlag auf Schlag. „Falco oder Nena haben hier gespielt. 1992 hat Rudi Dolezal seine Firma nach Purkersdorf verlegt und 1998 bei uns seinen 40. Geburtstag gefeiert. Da waren auch die Musiker von Queen da, die das erste Mal seit Freddie Mercurys Tod gemeinsam spielten. Falco hätte auch dabei sein sollen, er hat aber abgesagt. Am nächsten Tag kam die Meldung von seinem Tod.“ Ein Jahr zuvor, 1997, war das Nikodemus Geburtsort für „Austria 3“. „Fendrich und Danzer kannte sich vorher gar nicht. Ihr erstes Konzert hat hier stattgefunden“, erzählt Neunteufel.
Seit 19 Jahren wird nicht nur im, sondern auch vor dem Lokal groß aufgespielt. Beim Open Air Sommer: „Ein großes Konzert am Abend – wir wurden für größenwahnsinnig erklärt. Aber dann spielten Georg Danzer, die EAV und der Ostbahn Kurti und Purkersdorf ist auseinandergebrochen“. Seit 2006 gibt es auch internationale Stars.
Am 15. Mai, just an Neunteufels Geburtstag, wurde der Neustart im Lokal gefeiert. „Während der Pause habe ich erst gemerkt, wie gerne ich Gastgeber und Gastwirt bin. Das mache ich mit viel Herzblut und die Höchststrafe ist ein Abend, wenn nichts los ist. Ich kann nicht anders, sonst würde ich verkümmern.“ Und die große Jubiläumsfeier wird 2021 nachgeholt. „Entweder groß und ordentlich oder gar nicht, damit es auch wieder Spaß macht“, sagt der Nikodemus-Wirt.