Chronik/Niederösterreich

Der Jetski-Weltmeister vom Schotterteich

KURIER: Andere Burschen spielen in der Volksschule am liebsten Fußball, Sie haben sich für Jetski entschieden. Wie kam es dazu?

Kevin Reiterer: Ich war etwa sechs, sieben Jahre alt, als ich das erste Mal auf einem Jetski stand. Mein Papa hat damals begonnen, mit einem Freund Jetski zu fahren, da wollte ich das auch ausprobieren.

Und wie alt waren Sie bei Ihrem ersten Rennen?

Anfangs war das eher eine Freizeitaktivität am Wochenende mit dem Papa. Der hat dann begonnen, Rennen zu fahren – also wollte ich das auch machen. Da war ich ungefähr zehn Jahre alt. Ich habe in der Juniorenklasse begonnen und bin dann aufgestiegen in die Erwachsenenklasse. Und dann kam der Tag, als ich besser wurde als mein Papa. Da hat er das Rennenfahren an den Nagel gehängt und gemeint, er wird jetzt mein Betreuer, Mechaniker und Manager und wir fokussieren uns auf meine Karriere.

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Das lief bestens. Gab es je einen Plan B?

Ich war schon mit 17 Jahren Weltmeister. Da musste ich mir die Frage ,Sport oder Studium?’ nicht stellen. Ich habe an der FH Wiener Neustadt dann trotzdem ein Sportwissenschaftsstudium für Spitzensportler absolviert. Da war es in Ordnung, wenn ich das halbe Jahr unterwegs war, ich konnte Aufgaben online erledigen und wurde für Wettkämpfe freigestellt. Zwar möchte ich mir zu Hause ein zweites Standbein aufbauen und eines Tages Menschen gesundheitlich und sportlich begleiten, aber aktuell möchte ich meinen Traum noch einige Zeit lang weiterleben.

Wie schaut ein Jahr normalerweise bei Ihnen aus – also ohne Pandemie?

Der Sport ist sehr zeitintensiv. Wir reisen viel. Ich bin sonst sechs bis sieben Monate im Jahr unterwegs und fahre um die 18 Rennen, dazu kommen viele Trainingslager.

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Wie und wie oft trainieren Sie für die Rennen?

Täglich. Wenn ich das Fahren trainiere, bin ich sechs bis sieben Stunden am Tag im Wasser. Bei der Formel 1 testet man die Einstellung der Flügel, beim Jetski ist es genauso, nur am Wasser. Aber ich betreibe auch viel Trockentraining, trainiere Kraft und Ausdauer. Ein Rennen dauert etwa 20 Minuten, man fährt bis zu 130 km/h. Die Athleten fahren mit einem Puls von 190. Darauf muss man vorbereitet sein.

Was fasziniert Sie daran so? Die Geschwindigkeit?

Dass man immer wieder versucht, das Beste aus sich herauszuholen und gegen sich selbst antritt. Man trainiert vier Monate auf einen Tag hin und weiß nicht wie es ausgeht. Das ist aufregend, davon kommt man – zugegeben – nur schwer los.

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Corona-bedingt mussten Sie jetzt aber eine Pause einlegen.

Das stimmt. Ich bin im Februar das letzte Rennen gefahren. Danach wurde alles abgesagt. Die letzten Monate war ich zu Hause in Bad Fischau. Das war am Anfang schon schwierig, plötzlich sechs Monate am Stück hier zu sein. Aber dann habe ich mir Zeit genommen für Dinge, die ich sonst immer aufgeschoben habe. Ich habe online die Ausbildung zum Yoga-Lehrer begonnen, in zwei Wochen habe ich Abschlussprüfung. Und das Training ist natürlich weitergegangen. Nur weil keine Rennen anstehen, heißt das nicht, dass man sich gehen lassen darf.

Wann geht es wieder los bei Ihnen?

In zwei Wochen habe ich mein erstes kleines Rennen im Alpe-Adria-Raum. Das ist ein guter Einstieg nach so einer langen Pause. Ende August soll eine EM in Ungarn und Polen stattfinden, aber das liegt noch in der Schwebe. Ich persönlich finde es auch nicht vertretbar, wenn Nationen ihre Athleten Corona-bedingt nicht einreisen lassen. So ist der Wettbewerb nicht fair.

Der 28-Jährige ist siebenfacher Weltmeister, siebenfacher Europameister, hat als Trainer mit dem kambodschanischen Nationalteam bei den Asian Games 2018 Gold und Bronze  geholt und ist zweifacher Kings Cup  Champion. Letzteres gilt als der prestigeträchtigste Jetski-Wettkampf und findet in Thailand statt. Die Top 2 jeder Nation gehen dort an den Start
 

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