Der Hüter des Weinschatzes
Von Markus Foschum
Dass Gumpoldskirchen so manchen vinophilen Schatz zu bieten hat, ist bekannt. Dass ein riesiger und alter Weinschatz hier im Untergrund liegt, wohl weniger. Die Rede ist von rund 20.000 Bouteillen, die in zwei Weinkellern unter dem Weinbaumuseum und dem Rathaus lagern. Das Besondere: Die Spätlesen und Auslesen im halbtrockenen und lieblichen Bereich sind Jahrgang 1940 aufwärts.
Der Großteil wird im Weinbaumuseum, einem der ältesten Weinkeller Österreichs, gelagert. Die erste urkundliche Erwähnung stammt aus dem 11. Jahrhundert vom damaligen Bischof von Passau. Schon in alten Zeiten waren die Weine weit über die Grenzen hinaus geschätzt. Die Gumpoldskirchner Klosterherren waren als Lehrer in europäischen Fürstenhäusern sehr gefragt, im Reisegepäck durfte heimischer Wein nicht fehlen. Neben Wein wurden hier aber auch Fleisch und andere Lebensmittel gelagert und der Keller diente in Kriegszeiten als Versteck.
Bis auf einen kleinen Rest verschwand der alte Wein während der russischen Besatzungszeit. Auf die Restbestände, die Jahrgänge von 1940 bis 1955, sind die Gumpoldskirchner Winzer daher besonders stolz. Die edlen Tröpferl werden vom 83-jährigen Konrad Reisacher, dem wohl ältesten aktiven Weinbau- und Kellermeister Österreichs, gehütet.
Der Schatz besteht aus autochthonen, also regionstypischen Weißweinen, wie Zierfandler, Rotgipfler und Spätrot Rotgipfler. „Um die Qualität zu überprüfen, findet jedes Jahr eine Dezeniumsverkostung statt. Sollte der Kork gelitten haben, werden die entsprechenden Jahrgänge umgekorkt und eventuelle Flüssigkeitsverluste aufgefüllt“, erklärt er. Ein- bis zweimal in der Woche steigt der ehemalige und langjährige Weinbauvereinsobmann in beide Keller hinab.
Pröll-Geschenk
Geöffnet wird der alte Weinschatz nur zu besonderen Anlässen. So durfte sich Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll zu seinem 70er über edle Tröpferl des Jahrgangs 1946 freuen. Die Jahrgänge ab 1950 sind bei den Gumpoldskirchnern als Geburtstagsgeschenk sehr gefragt, weiß Bürgermeister Ferdinand Köck (im Foto oben rechts).
Reisacher, historisch versiert und ehemaliger beeideter Sachverständiger für Bier-, Wein- und Schnapserzeugung, übernimmt auch gerne fachkundige Führungen durchs Weinbaumuseum. Besonders im Weinherbst erfreut sich das Gumpoldskirchner Weinbaumuseum großer Beliebtheit. Jeder Besucher darf sich übrigens über ein Achterl aus dem Weinschatz der Königsweinwinzer freuen.
Seit 70 Jahren ist Reisacher im Weinbau tätig und seit 2000 in Pension, ans Aufhören denkt er aber noch lange nicht. „Der Wein ist mein Leben und das von Gumpoldskirchen natürlich auch“, betont er.
Jetzt, im Weinherbst, lädt Gumpoldskirchen zu etlichen vinophilen Events. Beispielsweise zum Tag der offenen Kellertür am 14. und 15. Oktober. Infos: www.gumpoldskirchen.at