"Man wollte mich benutzen"
Nach der anfänglichen Informationsoffensive durch Rita Nitsch herrschte am Donnerstag Funkstille. Wie berichtet, bezichtigte Privatdetektiv Dietmar Guggenbichler die Frau des bekannten Aktionskünstlers der Steuerhinterziehung. Er legte eine Anzeige bei den Behörden.
Dienstag stürmten Finanzpolizisten das Domizil von Hermann Nitsch in Prinzendorf (NÖ). Exklusiv war ein Medium vor Ort, das bisher durch umstrittene Berichte auffiel – FPÖ TV. Das vom FPÖ-Parlamentsklub betriebene Online-Medium filmte mit. Es liegt damit auf der Hand, dass jemand die Hausdurchsuchung der FPÖ "gesteckt" hat. Für die Blauen ist Nitsch seit jeher ein gut gepflegtes Feindbild. Der Chefredakteur des Mediums, Alexander Höferl, will seine Quelle nicht offenlegen: "Wir sind eine journalistische Redaktion und es gilt das Redaktionsgeheimnis." Im Finanzministerium weist man jeden Verdacht strikt zurück: Eine "undichte Stelle in der Finanzverwaltung schließen wir dezidiert aus". Die Info kann auch von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft stammen.
Das prominente Ehepaar befindet sich immer noch in Deutschland. Rita Nitsch ärgert sich: "Die Beamten sind vorgegangen, als wären wir Schwerkriminelle."
Detektiv Guggenbichler war von Rita Nitsch im Vorjahr engagiert worden, um betreffend eines Einbruchs in das Anwesen zu ermitteln. Bei der Straftat war ein Tresor aufgeschnitten worden. Frau Nitsch gab bei den Behörden an, dass 400.000 Euro und Preziosen um 100.000 Euro fehlten.
Aussage auf Band
Im Zuge seiner Arbeit will Guggenbichler – von der Schlossherrin selbst – gehört haben, dass im Safe jedoch 1,2 Millionen Euro gebunkert waren. Rita Nitsch dementiert energisch: "Das stimmt nicht." Guggenbichler kontert: "Diese Aussage habe ich aufgenommen und meine Mitarbeiter waren Zeugen."
In dem Vertrag zwischen Auftraggeberin (es gilt die Unschuldsvermutung) und Detektiv soll eine Klausel verankert sein, die besagt, dass bei falschen Informationen die Behörden eingeschaltet werden. "Man wollte mich benutzen", so der Privatdetektiv.
Guggenbichler schickte Donnerstag an Nitsch eine Rechnung über rund 70.000 Euro. Darin enthalten: Spesen und Honorarforderungen.
24.700 Euro zahlte ein Bieter vergangenen Mai im Dorotheum für die Nitsch-Druckgrafik "Das letzte Abendmahl", mit 112.500 Euro für ein "Reliktbild" wurde 2010 im Wiener Auktionshaus "Im Kinsky" der bislang höchste Auktionspreis für ein Werk des Aktionisten verbucht.
Durch Hermann Nitschs lange und produktive Karriere befinden sich stets viele Werke am Markt und erzielen solide, wenn auch nicht astronomische Preise: In der Auktion des "Kinsky" ist kommende Woche (25. 3.) etwa ein Schüttbild mit dem Schätzwert von 3000–6000 € angesetzt, ein anderes – ein dreiteiliges Großformat, das 1987 in der Wiener Secession entstand – bewegt sich mit dem Schätzwert von 30.000 bis 60.000 € schon im Top-Segment.
Hermann Nitsch selbst hat all diese Werke allerdings schon vor Jahren – und oft zu viel günstigeren Preisen – verkauft. Und so verdient er heute nur mehr über die (erst seit 2006 geltende) Folgerechts-Regelung daran: Bei einem Preis bis 50.000 € (ohne Steuern & Abgaben) werden vier Prozent an den Künstler abgeführt, bei höheren Preisen sukzessive weniger, maximal aber 12.500 €.
"Nitsch hat seit den 1970er-Jahren nie ein altes Bild gehabt, sondern immer alles verkauft", erzählt der Wiener Galerist und Aktionismus-Experte Philipp Konzett. Bei der "Nitsch Foundation", über die seit 2009 alle Verkäufe aus Nitschs Atelier laufen, relativiert man: Es gebe sehr wohl ein Archiv (wie aktuell in der Schau "Sinne und Sein" im Museum Mistelbach zu sehen), vieles davon sei aber unverkäuflich. Für die Werke, die an Galerien gehen, setzt die Foundation Preislisten fest, die sich auch an Nitschs Auktionspreisen orientieren.