Chronik/Niederösterreich

Bürgermeister nennt Rechtsanwalt "Ungustl"

Das Bauprojekt von Architekt Wolfgang Achtsnit hatte einen schlechten Start. So schlecht, wie man sich einen Start nur vorstellen kann.

Wolfgang Achtsnit will in der Langenlebarner Straße in Tulln ein Bauprojekt realisieren. 40 Wohnungen auf einem 4000 Quadratmeter großen Grundstück. Achtsnit hat gemeinsam mit der Familie K., auf deren Boden er das Projekt verwirklichen will, und seinem Rechtsanwalt einen Termin beim Tullner Bürgermeister Peter Eisenschenk (ÖVP) .

"Es hat mich schon einmal gestört, dass das Gespräch in der Handelsakademie (HAK) stattgefunden hat. Das sollte man trennen", sagt Wolfgang Achtsnit. Eisenschenk, der nicht nur Bürgermeister, sondern auch Direktor der HAK ist, hält Termine des Öfteren in der Schule ab: "Ich hab nun einmal zwei Berufe und kann nicht immer in der Gemeinde sein", sagt Eisenschenk.

Das war der erste kleine Fehlstart, der Eklat folgte kurz darauf: Eisenschenk und die Mitarbeiter der Stadtgemeinde seien bei einem Kaffee in der HAK gesessen. Die Stimmung sei schon angespannt gewesen, als Achtsnit mit Familie K. und seinem Rechtsanwalt dort aufgetaucht ist. Dann soll Herr K. um einen Kaffee gebeten und der Rechtsanwalt Bürgermeister Eisenschenk angeschnauzt haben. Der Bürgermeister soll daraufhin den Rechtsanwalt als "Ungustl" bezeichnet haben. "Mir geht es nicht um das Bauvorhaben", sagt Architekt Achtsnit. "Aber so geht man nicht mit Menschen um."

Empörung

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"Ja, ich war empört", sagt Bürgermeister Eisenschenk. "Der eine fragt, ob’s da keinen Kaffee gibt und der Rechtsanwalt vergreift sich im Ton und knallt den Kodex auf den Tisch", sagt Eisenschenk. "Wenn ich mir das gefallen lassen hätte, hätte ich mein Gesicht verloren." Eisenschenk sei keiner, der Menschen "von oben herab" behandle: "Bei mir sind alle gleich viel Wert."

Das Bauvorhaben des Architekten wurde gestoppt, es passe nicht ins Konzept der Stadt, die "langsam wachsen" will. Der Gemeinderat hat eine Bausperre erwirkt, Achtsnit dagegen berufen. Doch die Stadt hat das Projekt zurückgewiesen, weil es laut Eisenschenk "mangelhaft" sei. Jetzt liegt die Causa beim Landesverwaltungsgericht. Kritik am Vorgehen des Bürgermeisters kommt von den Grünen: "Es spricht nichts gegen das Projekt", sagt Stadträtin Liane Marecsek.