Chronik/Niederösterreich

Bürger kämpfen für die Franz-Josefs-Bahn

Schon in den 1930-er Jahren hat man an einer neuen Trasse gebaut – vermutlich bis der Krieg ausbrach“, sagt Gerald Hohenbichler, während er bei Göpfritz an der Wild, Bezirk Zwettl, Relikte zeigt. Mitten in einem Wald ragt eine fertige Eisenbahnbrücke aus dem Boden, über die jedoch keine Schienen führen. Mehrere Meter davor enden Gleise – gleich neben der befahrenen Franz-Josefs-Bahn – im Nichts. Seit Jahren setzt sich der 51-Jährige für den Ausbau der Waldviertler Verbindung zwischen Wien und Prag ein, weil er überzeugt ist, dass sie sowohl für den regionalen als auch für den internationalen Bahnverkehr in Europa bedeutend wäre.

„Schon öfters war die Franz-Josefs-Bahn (FJB) als Hochleistungsstrecke in Gespräch“, weiß Hohenbichler. Bedauerlich sei, dass zuletzt eine Bahnstudie aus dem Jahr 1991, die den Ausbau der FJB nach Prag im Vergleich zu anderen Strecken in NÖ präferiert, ignoriert wurde. Hohenbichler versucht, die Debatte jetzt neu anzukurbeln.

Ärgernis

„Für 15 Minuten Zeitersparnis werden zwischen Wien und St. Pölten Milliarden Euro investiert. Mit weit weniger Geld könnte eine Strecke ausgebaut werden, die nicht nur dem schwach strukturierten Waldviertel hilft, sondern auch die kürzeste Strecke nach Berlin wäre“, erklärt der Ex-Eisenbahner, der sich an die früheren Eilzüge über Gmünd nach Wien erinnert: „Anstatt die FJB zu verbessern, werden die Verbindungen immer schlechter.“ Hohenbichler sieht dringenden Handlungsbedarf, „damit nicht noch mehr infrastruktureller Schaden in der Region angerichtet wird.“

Rückendeckung bekommt er von Andreas Beer, Bürgermeister in Gmünd, der eine attraktivere Bahn durch das Waldviertel fordert. „Die Region hat nach der Eröffnung der Franz-Josefs-Bahn im 19. Jahrhundert einen unvergleichbaren Aufschwung erlebt und war lange ein bedeutender Verkehrsknotenpunkt in Mitteleuropa.“ Als historischen Fehler sieht Beer die Abmontage des zweiten Gleises in den 1960-er Jahren. „Die Tragweite war keinem wirklich bewusst. Aber ohne zweites Gleis kann die Franz-Josefs-Bahn nicht das sein, was die Region zur Weiterentwicklung dringend benötigt“, sagt Beer. Seit 1989 liegt Gmünd wieder im Herzen Europas und hätte Potenzial: „Statt die Chance zu nutzen, wurde die Franz-Josefs-Bahn fast in die Leblosigkeit getrieben.“ Nach dem Vorbild der früheren „Vindobona“-Eilzüge durch das Waldviertel müsse „die Strecke wieder zur Hochleistungsstrecke ausgebaut werden.“

Brünn wichtig

Die ÖBB versuchen zu bremsen. „Die Hauptlastrichtung ist der Pendlerverkehr nach Wien. Nach Tschechien gibt es eher Ausflugsverkehr“, erklärt ÖBB-Sprecher Christopher Seif, der mit Zahlen belegen will, dass der Bedarf für einen Ausbau fehlt. Grund für die Verlegung des Fernverkehrs auf die Nordbahn sei die Tatsache gewesen, dass auf dem Weg nach Prag mit Brünn auch die zweitgrößte Stadt Tschechiens angebunden werden konnte. „Ein weiteres Argument ist, dass die Nordbahn schon damals zweigleisig und leistungsfähiger als die FJB war“, erklärt Seif. Und: Mit wenigen Linienbegradigungen seien auf der Nordbahn weitere Fahrzeitverkürzungen möglich.