Chronik/Niederösterreich

Gelähmter bekommt nach Jahren Recht

Helmut Puritscher sitzt für immer im Rollstuhl. Und das, weil ein Gemeindearzt es unterlassen hat, den 49-jährigen Wiener Neustädter wegen Lähmungsgefahr sofort ins Spital zu überstellen. Für den Querschnittgelähmten unendlich erscheinende fünfeinhalb Jahre hat es gedauert, bis das Gericht dieses letztinstanzliche Urteil fällte und zu Gunsten des Patienten entschied. Puritscher hat nach dem notwendigen Umbau seines Hauses und Autos, verlorenen Jobs, teurer Rehabilitation und der schweren psychischen Belastung nach so langer Zeit Anspruch auf Schadenersatz. Der ursprüngliche Streitwert waren 120.000 Euro.

Rückblende: Bis zu dem Schicksalsschlag führte Puritscher ein bewegtes Leben – Journalist, Autor, OSCE-Beobachter in Bosnien und Veranstalter des Sommerkino-Open-Air in Wiener Neustadt. Im Dezember 2004 suchte er wegen starker Schmerzen im Rücken einen Hausarzt auf, gleich zwei Mal am selben Tag. „Ich hatte ein bamstiges Gefühl in der Hand und konnte nicht mehr auf das WC gehen. Als ich das zweite Mal in die Ordination kam konnte ich kaum noch gehen und krümmte mich vor Schmerzen“, sagt der 49-Jährige. Wie der Sachverständige später feststellte, hätten bei dem behandelnden Mediziner die Alarmglocken schrillen müssen. Der Arzt behauptet hingegen, die Probleme mit dem Urinieren und dem Stuhlgang seien niemals zur Sprache gekommen. Deswegen gab es auch keine akute Überstellung ins Spital.

Als die Schmerzen unerträglich waren, ließ sich Puritscher Tags darauf ins Wiener Neustädter Krankenhaus bringen. „Während der Untersuchung begann ich zu krampfen.“ Eine Notoperation im Wiener AKH kam zu spät. „Ich hab’ die Augen geöffnet, da haben sie mir gesagt, dass ich ein inkompatibler Querschnitt bin“. Ausgelöst durch ein unerkanntes Empyem (eine Ansammlung von Eiter) an der Wirbelsäule zwischen dem ersten und dem dritten Brustwirbel. Die Ablagerung hat auf Nerven und Rückenmark gedrückt.

Zwei Prozesse

2007 zogen Puritscher und sein Anwalt Christian Kühteubl vor Gericht. „Wenn der Arzt richtig reagiert hätte, wäre ihm die Querschnittlähmung erspart geblieben“, erklärt der Jurist. Durch unglückliche Umstände, wie einen Formfehler durch den bereits das erste Urteil zu Gunsten des Patienten wieder aufgehoben wurde, sowie die Pensionierung des zuständigen Richters, zog sich das Verfahren extrem in die Länge. „Es gab eine komplette Neudurchführung“, so Kühteubl, der den nicht mehr anzufechtenden Gerichtsbeschluss in Händen hält.

Wie viel Schadenersatz von der Versicherung des Mediziners bezahlt werden muss, hat nun ein Sachverständiger zu klären. „Ich bin nur froh, dass das alles vorbei ist“, sagt Puritscher.