Aufschlag zurück zu Lebensfreude und Erfolg
Von Kristina Leitner
Vier Einzel-, vier Doppelstaatsmeistertitel und vier mit der Mannschaft, 23 Turniersiege bei internationalen Events im Einzel und 25 im Doppel, eine Teilnahme bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021: Josef Riegler ist aktuell Österreichs bester Rollstuhltennisspieler.
Der 48-Jährige aus Texingtal (Bezirk Melk) führt zudem das Herren-Einzel-Ranking des ÖTV (Österreichischer Tennisverband) an und ist seit 2015 stets unter den Top-100 der Welt zu finden.
Mit Begeisterung für Tennis angesteckt
Riegler ist seit einem Arbeitsunfall 2001, bei dem er sich den zwölften Brustwirbel und den ersten Lendenwirbel brach, querschnittsgelähmt. „Zu Beginn war es total frustrierend. Man weiß nicht, wie das Leben weitergehen soll“, erinnert er sich im Gespräch mit dem KURIER, dass es ihm anfangs mental nicht gut ging.
Das änderte sich spätestens, als er Rollstuhltennis für sich entdeckte. Im Rahmen seiner Therapie kehrte er zweimal an das Rehabilitationszentrum „Weißer Hof“ in Klosterneuburg zurück – 2005 gerade zu jenem Zeitpunkt, als Tennisspieler Alexander Antonitsch und Martin Legner, die damalige Nummer eins im heimischen Rollstuhltennis, dort die Sportart vorführten.
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„Als ich die beiden gesehen habe, habe ich gewusst, dass das der richtige Sport für mich ist“, erzählt der Niederösterreicher, der davor ein wenig Rollstuhlbasketball gespielt hatte.
Serienmeister
Da ihm der Mannschaftssport allerdings nicht zusagte, begann er im Alter von 30 Jahren eben mit dem Tennisspielen – in einem Alltagsrollstuhl. Ein Jahr später legte er sich einen speziellen Tennisrollstuhl zu, 2008 bestritt er sein erstes Turnier. Bis 2013, als Riegler in der Südstadt (Bezirk Mödling) trainierte und dafür weite Wege in Kauf nahm, war die Anzahl seiner Siege überschaubar.
Beim Tennis kann man sich voll auspowern. Und ich bin mental sehr, sehr stark geworden.
Die ersten Erfolge stellten sich jedoch schnell ein, nachdem er sein Training in die Landessportschule in St. Pölten (Sportzentrum Niederösterreich) verlegt hatte. Bereits 2014 wurde er erstmals Staatsmeister im Einzel. Diesen Titel wiederholte er 2015, 2016 und 2023.
Eine Frage des Kopfes und Körpers
„Beim Tennis kann man sich voll auspowern“, schwärmt der 48-Jährige, der auch die mentale Komponente liebt. „Ohne Kopfarbeit kannst du kein Tennismatch gewinnen. Man ist auf sich alleine gestellt und das taugt mir so. Ich bin mental sehr, sehr stark geworden“, freut er sich.
Stark muss Riegler allerdings auch körperlich sein. Denn die größte Herausforderung ist seiner Meinung nach die Fitness. Der Rollstuhl wird mit beiden Händen angeschoben, in einer Hand wird zudem der Schläger gehalten.
Um schnell auf dem Platz zu sein, ist also eine entsprechende Muskelkraft in den Armen notwendig; gleichzeitig ist es wichtig, locker im Arm zu sein. „Man braucht sehr lange, bis man das schafft“, spricht der Texingtaler aus Erfahrung.
Ziel: Olympische Spiele
Sein Erfolgsrezept? Seit September 2022 trainiert er noch eine Stufe professioneller – und zwar mit seinem neuen Trainer Thomas Daxböck in Texing. Das Duo tüftelt regelmäßig daran, wo noch etwas herauszuholen ist, geht auf kleinste Details ein und analysiert die Spielweise der Gegner. „Thomas hängt sich extrem rein“, ist Riegler seinem Coach sehr dankbar.
Das nächste Ziel ist nun die Teilnahme bei den Olympischen Sommerspielen in Paris 2024. Und der Niederösterreicher ist auf einem guten Weg, sich dafür zu qualifizieren. Die besten 32 Spieler der Weltrangliste dürfen die Reise nach Frankreich antreten.
Fakten
Josef Riegler wurde am 16. Juni 1975 in Texingtal im Mostviertel geboren.
Errungenschaften
Er ist mehrmaliger österreichischer Staatsmeister im Einzel und Doppel des Rollstuhltennis. 23 internationale Einzel-Turniersiege und 25 internationale Doppel-Turniersiege kann Josef Riegler vorweisen. Er befindet sich unter den Top-50 der Weltrangliste.
Riegler liegt momentan zwar etwas hinter dieser Stichmarke, da pro Land jedoch nur vier Starter erlaubt sind und sich in der Rangliste mehr als vier Japaner und Franzosen vor dem Niederösterreicher befinden, hat er gute Chancen, den Cut am 15. Juli 2024 zu schaffen.
„Ich möchte die Olympischen Spiele nicht überbewerten, jeder Turniersieg ist etwas Besonderes. Aber in Paris wird auf Roland-Garros, dem Austragungsort der French Open, gespielt. Dort einmal aufzuschlagen, wäre fantastisch“, wünscht sich der 48-Jährige.
Querschnittslähmung selten
„Im Rollstuhltennis ist es irrsinnig schwer, an die Weltspitze heranzukommen, weil wir alle in einer einzigen Klasse spielen“, erklärt Riegler weiters. Es gibt nur wenige Spieler mit einer Querschnittslähmung, die meisten haben eine Amputation hinter sich. „Die Spieler der Top-5 haben überhaupt keine richtigen Behinderungen, sondern zum Beispiel nur einen nicht richtig zusammengewachsenen Knöchelbruch oder eine schiefe Hüfte“, kritisiert er. „Aber es ist definiert, dass man mitspielen darf, wenn man nicht normal über den Platz laufen kann.“
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Nun sei wieder einmal die Rede davon, eine Unterteilung nach den Olympischen Spielen vorzunehmen. „Aber für mich ist es dann zu spät, denn in vier Jahren werde ich nicht mehr spielen“, meint Riegler, der von seinem Sport zwar nicht leben, aber immerhin Turniere über den ÖTV und Sportland NÖ abrechnen kann.