Chronik/Niederösterreich

Asylunterkunft St. Gabriel: Junge Flüchtlinge wieder verlegt

Der seit Monaten schwelende Konflikt zwischen der Caritas und dem Land NÖ hat am Donnerstag eine neue Eskalationsstufe erreicht. Überraschend gab Landesrat Gottfried Waldhäusl bekannt, dass sämtliche Jugendliche, die Anfang Dezember aus dem umstrittenen Asylquartier Drasenhofen in die Caritas-Einrichtung St. Gabriel, Maria Enzersdorf, verlegt wurden, erneut umziehen müssen. Der Vertrag zur Betreuung der Burschen, über den in den vergangenen Wochen verhandelt wurde, kommt nun nicht zustande. Mit unklaren Konsequenzen für die traditionsreiche Einrichtung.

Es seien die hohen Kosten für die Betreuung, die Landesrat Waldhäusl zu dem Schritt bewogen hat, heißt es in seinem Büro. 100.000 Euro habe die Caritas für Dezember für die "Betreuung von nur zehn unbegleiteten Minderjährigen in einem Monat", abgerechnet. Das sei eine Zumutung für den Steuerzahler, sagt Waldhäusl. Das abenteuerliche Caritas-Experiment in der Asylunterkunft St. Gabriel sei gescheitert. „Die Abrechnung der Caritas sprengt jeden Rahmen, außerdem sind mitternächtliche Plaudereien mit den teils straffälligen Jugendlichen bei Pizza & Co weder ein pädagogisches Konzept noch tragen diese zur Sicherheit von Betreuern und Bevölkerung bei“, poltert der Landesrat.

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Bei der Caritas ist man von der Entscheidung kalt erwischt worden - und weist die Kritik vehement zurück. Die 94.000 Euro, die konkret abgrechnet wurden, seien für 16 Jugendliche, die im Dezember von Drasenhofen nach St. Gabriel übersiedelt sind, aufgewendet worden. Erst am 10. Jänner mussten mehrere Burschen, die mit Jahreswechsel volljährig wurden, umziehen. Jetzt leben noch zehn dort. Zudem habe man nach den normal üblichen Vorgaben des Landes abgerechnet. Es handle sich um Sachkosten wie Miete und Personal.

"Und es hat ja Einigkeit geherrscht, dass es für die Jugendlichen erhöhten Betreuungsbedarf gibt", sagt ein Caritas-Sprecher. Das hätte der Landesrat sogar noch am Mittwoch in einer Fernsehdiskussion betont. Natürlich würde das auch verstärkt pädagogische Konzepte bedeuten. Die Caritas stelle eine intensive Rund-um-die-Uhr-Betreuung sicher, etwas was von Anrainergemeinden und Polizei gefordert werde. Anfang Dezember hatte die NGO auch auf Bitte des Landes die Jugendlichen aus Drasenhofen in St. Gabriel untergebracht. Die Einrichtung, die mit Stacheldraht gesichert war, war von der NÖ Kinder- und Jugendanwaltschaft in einem Bericht scharf kritisiert und schließlich geschlossen worden

Zudem, betont man bei der Caritas, hätte die Betreuung der 16 Jugendlichen im Dezember in St. Gabriel nur halb soviel wie die Unterbringung in Drasenhofen gekostet. Die Einrichtung komme dem Steuerzahler also billiger.

Streit um Sicherheitskonzept

Die NGO und Land NÖ waren sich zuletzt in Sachen Sicherheitskonzept nicht einig gewesen. Waldhäusl wollte, dass die Jugendlichen nur begleitet die Einrichtung verlassen dürfen. Das hat Menschenrechtsanwalt Manfred Nowak aber für unzulässig befunden. Die Caritas wollte dieser Forderung daher nicht entsprechen. Waldhäusl sieht das etwas anders: „Nach der unnötigen Absiedelung in einer Nacht- und Nebelaktion von Drasenhofen nach St. Gabriel – ohne meine Zustimmung und durch andere Politiker - bleibt nachträglich nur noch eines übrig: Außer Spesen nichts gewesen! Ich bin menschlich enttäuscht, dass man sich seitens der Caritas nicht doch noch für die notwendigen Vertragsinhalte entscheiden konnte“, erklärt er nun.

Wie oder in welcher Form es mit St. Gabriel als Flüchtlingsunterkunft weitergehen wird, ist nun unklar. Man sei gerade dabei Mitarbeiter, Bewohner und Freiwillige zu informieren, sagt der Caritas-Sprecher. Die Burschen sollen in den nächsten Tagen in andere Quartiere in NÖ verlegt werden. 16 Mitarbeiter sind zudem von der Entscheidung betroffen, wie es um ihre Jobs steht ist ebenfalls unklar. "Wenn der Vertrag nicht zusatnde kommt, hat das natürlich Folgen", meint dazu eine Sprecherin des Landesrates. Ob andere Jugendliche in das bald leere Quartier zugeteilt werden, könne man noch nicht sagen. Derzeit wohnen neben den Minderjährigen noch neun Erwachsene mit erhöhtem Betreuungsbedarf in St. Gabriel.

Rückschlag für Helfer

Bei den freiwilligen Helfern ist das Entsetzen groß. Man habe gerade erst ein Netzwerk aufgebaut, sagt Doro Blancke von der Initiative "Fairness Asyl". Der Rückschlag sei groß. Die Burschen würden die Schule besuchen oder sich in Ausbildung befinden, manche eine Therapie starten. "Für die Jungs ist das eine Katastrophe. Wenn junge Menschen zum politischen Spielball gemacht werden, finde ich das inakzeptabel." Sie finde es unprofessionell, wenn Leute so behandelt werden - egal ob sie später abgeschoben werden oder nicht. "Man zerstört nicht einfach vorsätzlich Menschen." Experten hatten immer wieder kritisiert, dass viele Umzüge die Jugendlichen retraumatisieren würden. Zudem sei es nicht sinnvoll sie in Quartiere zu verlegen, in denen eine besondere Betreuung nicht gewährleistet ist.

Zuletzt wurde bekannt, dass sich zwei der ehemaligen Drasenhofen-Burschen in U-Haft befinden. Das habe aber nichts mit der Entscheidung des Landesrates zu tun, heißt es aus seinem Büro.