Chronik/Niederösterreich

Arzt kämpft gegen Verurteilung an

Als Schock empfand der 57-jährige Praktische Arzt Albert Hörwarthner am Dienstag seine Verurteilung im Landesgericht Krems zu einer Strafe von zehn Monaten bedingt. "Das Gericht macht mich vom Opfer zum Täter", beklagt der bisher völlig Unbescholtene. Wie berichtet, hatte ihm das Gericht nicht geglaubt, überfallen worden zu sein.

KURIER: Sie sagen, sie wurden 2014 überfallen. Warum haben sie das erst 2016 angezeigt?

Hörwarthner: Ich hatte Angst, besonders um meine Familie, die Täter kennen mich ja.

Was hat sich ereignet?

Ein Mann hat mich am 9. Februar 2014 in meinem Wochenenddienst nachts angerufen und zu seinem Nachbarn in der Nähe von Gföhl geholt, welcher sich vor Krebsschmerzen windet. Ich habe eine Packung Schmerzmittel in meine Tasche gelegt und bin zum vereinbarten Ort gefahren. Dort hat mich ein Mann mit Vollvisierhelm mit einem Moped in den Wald gelotst. Beim Stehenbleiben hat ein zweiter Motorradfahrer rückwärts mein Auto blockiert. Einer kam zum Fenster und sagte: "Gib her die Flascherl und das Geld." Da habe ich Ampullen und Bargeld ausgehändigt.

Wie ging es weiter?

Ich hatte immer die Sorge, dass die Packung des Schmerzmittels gefunden wird. Mein Name steht drauf. Als mich heuer die Polizei aus einem ganz anderen Grund aufsuchte, habe ich mir einen Ruck gegeben und eine Anzeige gemacht.

Das Gericht kritisierte, dass sie zehn Ampullen mitnahmen.

Ich war vom Dienst sehr müde, Tage davor war meine Mutter gestorben. Ich habe die ganze Packung genommen.

War das korrekt?

Eigentlich sollte ich erst in die Ordination fahren, den Computer hochfahren, Daten und die Versicherungsnummer prüfen. Dann hinfahren, den Patienten untersuchen, ein Rezept ausstellen, damit ein Angehöriger das Schmerzmittel aus der Apotheke holt. Erst dann könnte ich spritzen. Für den Patienten eine Qual. Das dauert zu lange und ist so nicht praktikabel.

Warum glaubt ihnen das Gericht nicht?

Weil der Anruf bei der Rufdatenerfassung nicht aufscheint. Dabei hat mir ein hochrangiger Polizist bestätigt, dass die Dokumentation der Telefonabieter oft lückenhaft ist. Man hat mir und meiner Familie sogar Drogenabhängigkeit unterstellt, aber das konnten wir durch Haaranalysen widerlegen.

Welche Folgen hat das alles?

Ich hatte fünf Wochen Berufsverbot, musste meine Ordination sperren und durfte keinen Kontakt zu Patienten haben. Das hat zwei Patienten das Leben gekostet, die ich nicht weiter behandeln konnte. Ich habe einen hohen finanziellen Schaden und musste eine Mitarbeiterin kündigen, da ich nicht wusste, wie es weiter geht. Zudem erwarte ich eine Disziplinarstrafe der Ärztekammer.

Sie wollen weiter kämpfen?

Es geht mir nicht gut. Nach anfänglichen Selbstmordgedanken wollte ich ins Ausland gehen. Da aber meine treuen Patienten zu mir halten, habe Berufung eingelegt. Die Anklage kann mir ja keine Fehlhandlung beweisen. Ich habe nur zu spät angezeigt und erst ein falsches Datum genannt, aber alles zugegeben.