Chronik/Niederösterreich

90-Jährige kämpfen um ihr Heim

Erna Halwax will sich das nicht gefallen lassen. Mit ihrem Rollwagerl wuselt die 90-Jährige durch die Gänge des SeniorenheimesHarmonie“ in Unterdambach im Bezirk St. Pölten-Land. „Weil wissen S’, wir sind hierher gezogen, um unseren Lebensabend da zu verbringen. Und das wollen sie uns jetzt nehmen.“

Vor drei Tagen haben die Senioren per Brief erfahren, dass ihr Heim Ende des Jahres geschlossen wird. Bei einer Versammlung im Speisesaal wurde den Bewohnern dann mitgeteilt, dass das Haus schwer defizitär ist und der Heimbetrieb deshalb nicht aufrechterhalten werden kann. „Na da hätten S’ dabei sein müssen, wie die das gesagt haben“, sagt Erna Halwax und schüttelt den Kopf. „Schiach war das. Die Leut’ haben geweint. Manche waren ganz verzweifelt.“

Mit dem Rollwagerl stupst Frau Halwax die Tür zum Zimmer der 98-jährigen Henriette Hierhammer auf. Gemeinsam organisieren die zwei Frauen den Protest der Bewohner gegen die Schließung ihres Seniorenheimes. „Wir gehen hier nicht weg, und wenn sie die Polizei holen“, sagt Frau Hierhammer. Sie war es auch, die das Wort ergriffen hat, als die Schließung verkündet wurde. „Ich hab’ denen meine Meinung gesagt. Das ist ja keine Art, wie man alten Menschen erklärt, dass sie ihr Zuhause verlassen sollen. Wo sollen wir denn hin?“, fragt Henriette Hierhammer. Sie wollte in der „Harmonie“ irgendwann einmal sterben.

Unterschriftenliste

Die 98-Jährige hat einen Protestbrief verfasst und alle Senioren unterschreiben lassen, die ihrer Meinung sind. 80 alte Menschen leben aktuell in der „Harmonie“, 40 in der Seniorenresidenz, 30 im Pflegeheim, 10 im Betreuten Wohnen. 54 Menschen arbeiten dort. Die „Harmonie“ ist ein riesiger Gebäudekomplex. Im Haupthaus und den vier Nebengebäuden ist Platz für insgesamt 220 Bewohner. Außerdem gibt es Aufenthaltsräume, ein Schwimmbad und eine Kegelbahn. „Sogar einen Frisiersalon haben wir“, sagt Frau Halwax. Ihr und den anderen Bewohnern geht es auch um die Arbeitsplätze. „Und um die Menschen in der Pflegestation.“ Manche würden die Übersiedelung körperlich nicht mehr schaffen.

60 Unterschriften haben die zwei Frauen bisher gesammelt. Den Protestbrief und die Unterschriftenliste wollen sie „jetzt noch ein bisschen umschreiben, damit das auch juristisch passt“, sagt Erna Halwax.

Die Betreiber können den Gram der alten Menschen verstehen, auch wenn sie überrascht sind, dass ihre Senioren „gar so aktiv“ sind. „Wir können nur leider trotzdem nichts machen“, sagt Helga Bachleitner vom Verein „Hilfsgemeinschaft“. Das Haus sei alt, nicht ausgelastet und längst nicht mehr rentabel. Der Verein finanziere sich ausschließlich durch Spenden. Frau Halwax hat trotzdem Briefe an den Bürgermeister, den Sozialminister und den Landeshauptmann geschrieben, weil „irgendwas muss man ja tun.“

Und wenn alles nichts bringt, sagt Frau Halwax, ruft sie den Hans Peter Haselsteiner an. „Der investiert doch eh immer so viel, der soll sich das hier einmal anschauen.“