Treibjagd auf Enten: Zuerst das Füttern, dann das Töten
Von Michael Pekovics
Dutzende Enten schwimmen im Familienverband in den naturbelassenen Leithaauen. Dieses harmonische Bild einer intakten Umwelt ist auf der Homepage der Gemeinde Nickelsdorf zu sehen. Im Text dazu ist die Rede von „umsichtiger Handhabung durch die Jagdpächter, die ihr Hauptaugenmerk auf die Pflege und Gesunderhaltung des Wildes legen.“
Die Realität ist jedoch eine andere. „Im Juni werden tausende flugunfähige Zuchtenten in Volieren an der Leitha und in Gewässern der Umgebung ausgesetzt, mit Unmengen an Futter versorgt, nur um sie dann acht Wochen später zu Beginn der Jagdsaison aus purer Lust abzuschießen“, sagt Martin Balluch vom VGT (Verein gegen Tierfabriken). Sein Verein kämpft schon länger gegen diese „moralisch absolut verwerfliche“ Jagdpraxis – bisher mit wenig Erfolg.
Gesetzeswidrig?
Unterstützung kommt von den Grünen und auch von den im Vorjahr geänderten Gesetzen zur Jagd (auf Landesebene) und zum Tierschutz (Bund). Das burgenländische Jagdschutzgesetz besagt nämlich, dass „der Abschuss von weiblichen Tieren im selben Jahr, in dem sie ausgesetzt wurden, verboten ist“, sagt Landtagsabgeordneter Wolfgang Spitzmüller von den Grünen. Außerdem sei fraglich, ob es überhaupt eine Bewilligung für das Aussetzen der Tiere gebe. Er kündigt eine Anfrage an Landesrätin Astrid Eisenkopf, zuständig für den Natur- und Umweltschutz, zum Thema an.
Die beruft sich ebenso wie der Nickelsdorfer Bürgermeister und Jäger Gerhard Zapfel auf die Behörde, also die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See: „Die Behörde hat geprüft, alles ist in Ordnung.“ Man wolle demnächst aber das Gespräch mit der für Jagd zuständigen Landesrätin Verena Dunst suchen, um die Thematik zu besprechen, heißt es aus dem Büro von Eisenkopf.
Aus der Bezirkshauptmannschaft heißt es, dass entsprechende Anzeigen überprüft worden seien, es aber nichts zu beanstanden gegeben hätte. „Wir haben die Meldung bekommen, dass importierte Enten ausgesetzt werden. Die Amtstierärztin war bei der Aussiedelung dabei, es gab keine Beanstandungen was das Tierschutzgesetz betrifft“, sagt die stellvertretende Behördenleiterin Ljuba Szinovatz. Allfällige weitere Anzeigen werde man natürlich genau überprüfen.
Wasser stark belastet
Von den Grünen und vom VGT wird zudem darauf hingewiesen, dass aufgrund der tausenden Tiere auf relativ kleiner Fläche die Belastung mit E.coli-Bakterien und Kotkeimen im Wasser bis zu fünf Mal höher als der zulässige Grenzwert sei. Außerdem habe das Füttern der Tiere Auswirkungen auf das Ökosystem. Laut Spitzmüller haben Land, Behörde und Gemeinde Handlungsbedarf: „Es kann nicht sein, dass Tierquälerei und Übertretungen im Naturschutz hingenommen werden, nur damit Reiche Spaß am Abknallen von Tieren haben.“ Wer die Jagdpächter sind, wisse man nicht.
Große Konsequenzen haben diese ohnedies nicht zu erwarten, weil es sich nur um eine Verwaltungsübertretung handelt – die Strafe dürfte quasi aus der Portokasse gezahlt. werden „Das Ziel muss sein, dass der Gesetzgeber diese Praxis abstellt“, sagt Spitzmüller.