Seniorenheim bleibt Strems finanzieller Mühlstein
Von Thomas Orovits
Die vielleicht beste Nachricht zur Gebarung der Marktgemeinde Strem findet sich auf Seite 146 des 167-seitigen Prüfberichts des Landesrechnungshofs (BLRH): Die Pro-Kopf-Verschuldung der 900-Einwohner-Kommune im Bezirk Güssing sinkt. Stand 2015 jeder Stremer vom Säugling bis zum Opa mit 6.901 Euro in der Kreide, waren es 2017 „nur“ 6.284 Euro. In der Finanzstatistik aller 171 Gemeinden konnte sich Strem damit zuletzt vom letzten auf den vorletzten Platz hangeln. Solche Lichtblicke bleiben aber die Ausnahme.
Nach den Städten Neusiedl/See und Mattersburg hat sich der BLRH im Rahmen seiner Gemeinde-Prüfkompetenz der kleinen Marktgemeinde mit dem großen Schuldenstand gewidmet. Fazit der Kontrollore nach Prüfung der Jahre 2014 bis 2017: Das Sanierungskonzept der Gemeinde sei „nicht realisierbar“, weshalb ein neues Konzept, das „alle zukünftigen Einnahmen und Ausgaben vollständig und realistisch berücksichtigt, unumgänglich“ sei.
Dass die nahe der ungarischen Grenze gelegene Gemeinde so dasteht, hat einen Grund: das 2004 eröffnete Seniorenzentrum. 86 Prozent der offenen Darlehensschulden von 5,6 Millionen Euro (inklusive Schweizer Frankenkredit) entfielen 2017 auf das Zentrum, das vor rund zehn Jahren schon einmal Gegenstand eines Rechnungshofberichts war.
Damals ging es um die Bewilligung einer Kreditaufnahme für den Bau des Heimes, die Landes-SPÖ warf dem Koalitionspartner ÖVP „Vertrauensbruch“ vor und löste – auch deshalb – den Landtag vorzeitig auf.
Rechnungshof-Direktor warnt vor Abdriften
Der seit 2007 amtierende Bürgermeister Bernhard Deutsch (ÖVP) hat das Seniorenzentrum von seinem Vorgänger geerbt, steht aber tapfer zu diesem Mühlstein. Er wird nicht müde zu betonen, das vom Samariterbund geführte Haus sei mit 60 Bewohnern voll belegt, was nicht nur den Bevölkerungsstand mehre, sondern der Gemeinde via Kommunalsteuer zusätzliche Einnahmen bringe. Insofern habe ihn der Rechnungshofbericht nicht überrascht, „weil wir unsere Problemfelder kennen“.
Dass sich Strem mit dem Neubau von Kinderkrippe, Kindergarten und Volksschule (gemeinsam mit der Nachbargemeinde Heiligenbrunn) noch mehr Schulden aufhalsen könnte, glaubt Deutsch nicht. Das 4,5 Millionen-Euro-Projekt soll junge Familien in die entlegene Region bringen, hofft er. Ob‘s vom Land genehmigt wird, ist indes noch offen, am 20. August folgt ein Termin beim Landeshauptmann.
Rechnungshof-Direktor Andreas Mihalits, dessen Prüfer von diesen Plänen nicht informiert wurden, appelliert vorsorglich, ein „weiteres Abdriften in die Schuldenspirale zu vermeiden“. Und Gemeinde-Landesrat Christian Illedits (SPÖ) erinnert daran, das Land als Aufsichtsbehörde habe Strem aufgetragen, „die Gemeindefinanzen nachhaltig zu konsolidieren“. Das sei „aber nicht abgeschlossen und muss langfristig weitergeführt werden“.