Schnell und präzise: Mit dem Revolver an die Weltspitze
Begonnen hat alles mit dem Interesse am Schießsport und durch seinen Job. In den 1990er-Jahren wurde Gerald Reiter Schießinstruktor bei der Gendarmerie. Ab 2004 hatte er im Burgenland an Polizei-Meisterschaften im Schießsport teilgenommen. „Meine Zeitrechnung als Sportschütze hat dann genau genommen 2006 begonnen, mit den ersten Landesmeisterschaften“, schildert der 52-Jährige aus St. Margarethen.
Heute hat Reiter kaum noch Platz, um seine zig Medaillen, Urkunden und Pokale unterzubringen. Sein jüngster Erfolg gelang dem Burgenländer erst vor wenigen Wochen in Thailand: Im Dezember ging für den IPSC-Schützen mit dem Weltmeistertitel im Revolverschießen sein bislang erfolgreichstes Sportjahr zu Ende.
Zuvor ging der 52-Jährige 30-mal bei einer WM an den Start – bei aufgehender sowie bei untergehender Sonne. Unter den verschiedenen Lichteinstrahlungen tun sich immer neue Ziele auf, die es zu treffen gilt.
Eine spezielle Herausforderung
Mindestens 550 Schuss sind dafür vorgesehen. Jeder Teilnehmer hat an fünf Tagen jeweils sechs Aufgabenbereiche (Stages) zu absolvieren. Die beweglichen Ziele stellen für die Sportschützen eine spezielle Herausforderung dar. Sie tauchen in dem Parcours in unterschiedlicher Größe und Entfernung blitzschnell auf und warten darauf, getroffen zu werden. Geschossen wird stehend, laufend, kniend oder liegend.
Ein einziger Fehlschuss – bei 550 Schüssen – das ist die Bilanz von Reiter bei der WM. Weil er in der Seniorenklasse (Alter ab 50 Jahren) an den Start ging, war er als bester Schütze im Starterfeld nicht nur IPSC-Weltmeister im Overall (alle Altersklassen), sondern auch Weltmeister in der Seniorenklasse der Revolverschützen.
Wettbewerb
Bei der IPSC Handgun World Shoot in Pattaya 2022 gingen 1.500 Schützen aus 76 Nationen an den Start. Die WM ist der höchste Handfeuerwaffen-Wettbewerb der International Practical Shooting Confederation (IPSC)
Zur Person
Gerald Reiter gehört zu den erfolgreichsten IPSC Schützen Österreichs. Er wurde zwei Mal Weltmeister, drei Mal Vize-Weltmeister, vier Mal IPSC-Europameister, zwei Mal Vize Europameister, ein Mal Europameister- und zwei Mal Vize-Europameister bei der European Steel Challenge.
Der 52-Jährige erhielt außerdem insgesamt 33 Staatsmeister- und Österreichische Meisterschaftstiteln sowie 51 Landesmeistertitel und gewann mehr als 100 internationale Bewerbe.
„Ich war sehr nervös und überrascht, für mich ist bei der WM ein Traum in Erfüllung gegangen“, sagt der Weltmeister. Die Anforderungen sind hoch. „Oberstes Gebot ist Präzision, denn wenn man trifft, spart man Zeit.“
Ziel in 50 Meter Entfernung
Der Sport ist dynamisch, der Schütze bewegt sich in vorgegebenen Bereichen, den Stages. Dort stehen Targets (Ziele) in einer Entfernung von ein bis 50 Metern. Es gibt sowohl Papier- als auch Metallziele, letztere müssen umfallen, um als Treffer zu gelten. Zeit, Treffer und Geschwindigkeit sind Kriterien für den Erfolg. „Du musst dich sehr schnell und aggressiv bewegen, um den Zeitablauf möglichst kurz zu halten.“
Körperliches Training gehört bei der Vorbereitung genauso dazu wie das Training am Schießstand, das Besorgen der Munition – zu Übungszwecken werden Dummy-Patronen verwendet – und die Reinigung der Waffe.
Sein Freund Markus Königsberger hat dieses Video von Gerald Reiter gemacht:
In der jüngeren Vergangenheit hat Reiter sein Training intensiviert. „Ich habe pro Jahr 50.000 bis 60.000 Schuss gemacht, um mich in der Revolver-Disziplin nach oben zu katapultieren.“
Die Leidenschaft für den Revolver wurde entfacht, als ein Polizeikollege ihn einmal mit dieser Waffe schießen ließ. „Das hat mir extrem getaugt. Das war dann auch der Anlass, in die Revolver-Division einzusteigen.“
Der dynamische Schießsport nach den Regeln der International Practical Shooting Confederation hat es dem Burgenländer angetan. So hat er nicht nur unzählige Bewerbe gewonnen, sondern dabei auch noch in sieben unterschiedlichen Waffenkategorien Erfolge gefeiert.
Es folgten der erste Staatsmeistertitel und die Qualifikation für die Europameisterschaft. Dann habe eins das andere ergeben. „Letzten Endes bin ich dann im Herbst bei der Vorbereitung zur WM gelandet.“
Zwölf Wochen hat Reiter intensiv trainiert, vier- bis fünfmal wöchentlich. Gefragt ist da nicht nur gutes Zeitmanagement, sondern auch die Suche nach Sponsoren. Das gelinge erst, wenn man Erfolge aufweisen kann.
Unterstützung der Familie
Mit Verständnis für sein zeitintensives Hobby kann der zweifache Familienvater rechnen – aber nicht nur das: Seine Frau Doris ist selbst Sportschützin. Bei der WM hat sie ihren Mann als Betreuerin unterstützt. Und auch die erwachsenen Kinder – Tochter als auch Sohn – haben sich dem Schießsport verschrieben.
Derzeit macht Gerald Reiter eine Trainingspause. Lange will er sich aber nicht auf seinen Lorbeeren ausruhen. Sein nächstes Ziel: Die Handgun-Europameisterschaft im September in Griechenland.