Chronik/Burgenland

Schilfbrand mit Folgen für den Neusiedler See

180 Quadratkilometer umfasst der Schilfgürtel des Neusiedler Sees. „Und jeder Hektar ist anders“, sagt Alois Lang vom Nationalpark. 700 Hektar dieses „Patchworks“ sind am Wochenende am Ostufer abgebrannt.

Der „Sandeck“ genannte Bereich ist der südlichste Abschnitt des parallel zum Ufer verlaufenden Seedamms. Durch den ehemaligen Grenzwachturm und dem Gehege der weißen Esel, einer vom Aussterben bedrohten Hauseselrasse, ist er ein beliebtes Fotomotiv. Wie sich der Brand auf die Natur auswirken wird, sei derzeit noch nicht abschätzbar, sagt Lang: „Es gibt kurzfristige Schäden und sicher auch welche, die erst über Jahre sichtbar und dokumentierbar sein werden.“

Mitten in der Brutzeit

Der Brand sei zur ungünstigsten Zeit gekommen. Die Flammen loderten in einem sensiblen und wertvollen Gebiet am Übergang zur Kernzone mitten im Nationalpark. „Der kurzfristige Schaden trifft Tiere, die entweder gebrütet haben oder noch brüten oder die gerade mit Jungen unterwegs sind, die dann verloren sind“, schildert Lang.

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In der Vogelwelt seien dies hauptsächlich Enten, Graugänse oder Schilf-Singvögel. Tiere, die wie die Graugänse bereits Junge hatten oder solche, die überhaupt noch auf der Brut gesessen seien, „sind tot, die sind weg. Da ist eine Generation verloren.“ Wie viele das seien, wisse man noch nicht. Dazu kämen noch kleinere Säuger und Amphibien.

Abgebrannt ist hauptsächlich Altschilf. Für Lang stellt sich die Frage, wie sich das Gebiet jetzt entwickeln wird: „Kommt dort Jungschilf auf und was heißt das dann für den Lebensraum?“ Um genauere Aufschlüsse zu bekommen, soll das Gebiet bald mit einer Drohnenkamera überflogen werden.

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Das betroffene Areal sei nicht zur Gänze abgebrannt, sondern strichweise, einmal mehr landseitig, dann wieder mehr wasserseitig. Das sensible Gebiet weiter südlich der Brandzone blieb vom Feuer verschont. Hätten die Flammen auf die große Schilfinsel übergegriffen, hätte es die Reiher und Kormorane erwischt.

Keine Brandschneisen

Früher gab es in diesem Bereich noch Fischerkanäle, die regelmäßig freigeschnitten wurden. Diese natürlichen Barrieren wachsen aber zu. Weiter ungünstige Faktoren waren der Wind, die Trockenheit und der niedrige Wasserstand, durch den die Schilfhalme bis zu den Rhizomen (Wurzelstock) frei gewesen sind. Außerdem waren aufgrund der Corona-Situation weniger Menschen in der Natur, weshalb der Brand spät bemerkt wurde.

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Die Ursache für das Feuer ist nach wie vor unklar. Nach Schätzungen war das Brandareal etwa 700 Hektar groß und hatte eine Nord-Süd-Ausdehnung von etwa zweieinhalb Kilometern. Die Nationalpark-Nettofläche beträgt auf österreichischer Seite etwa 10.000 Hektar. Bereits am Donnerstag hatte es am See landeinwärts in einigen hundert Metern Entfernung einmal gebrannt. „Aber das war von der Feuerwehr schnell einzugrenzen“, sagt Lang.

Schilf wird jünger

Wie viele Tierarten von dem Feuer betroffen waren, werde sich im Laufe des Monitorings der nächsten Jahre zeigen, sagt Lang. So dramatisch, dass ein signifikanter Teil der Tierwelt des Nationalparks verloren gegangen sei, sei es aber nicht. „Der Schilfgürtel wird sich dort verjüngen, in wenigen Jahren wird nichts mehr sichtbar sein. Und vielleicht wird es sogar Profiteure geben“, skizziert Lang ein Zukunftsszenario. „Wenn Jungschilfbestände dort sind, ist es wieder attraktiv für Arten, die nicht so gern in Altschilfbestände gehen.“