Chronik/Burgenland

Schilf in Not: „Wir sitzen alle im selben Boot“

Burgenländisches Schilfrohr ist ein Exportschlager, das auf der ganzen Welt zu finden ist: als Sichtschutzmatten oder als Bau- beziehungsweise Dämmstoff für Passivhäuser – und natürlich auf vielen Hausdächern rund um den Neusiedler See. Geschnitten wird das Schilf immer im Winter, unter anderem von Markus Brunner, einem der wenigen noch aktiven Schilfschneider. 350 Hektar bewirtschaftet er in dritter Generation zwischen dem Purbacher Kanal und der Wulkamündung. „Der Großteil wird exportiert, nach Holland, England, Frankreich oder in die USA“, sagt Brunner.

Damit das auch so bleibt, wurde am Montag ein von der EU gefördertes Projekt mit dem Titel „Entwicklung nachhaltiger Schilferntemethoden und Monitoring“ präsentiert. Denn der in Mitteleuropa einzigartige Schilfgürtel hat einen großen Feind – den Klimawandel. „Der hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht“, sagt dazu die zuständige Landesrätin Astrid Eisenkopf.

Zu warm für Maschinen

Durch die warmen Temperaturen friert der See nicht mehr so oft zu und wenn dann nur oberflächlich. Die Schilfschneider sind gezwungen, mit ihren tonnenschweren Maschinen ins Wasser und in den Schlamm zu fahren. Dabei werden die Wurzeln des Schilfrohrs zerdrückt und nachhaltig geschädigt, was zur Ausdünnung und letztlich zum Absterben großflächiger Schilfbestände führt. „Weil sich das Schilf nicht mehr erholt, gehen wertvolle Lebensräume für Schilfvögel und Amphibien unwiederbringlich verloren“, sagt Bernhard Kohler vom WWF Österreich. Damit ist auch das international herausragende Schilfvogel-Vorkommen des Neusiedler Sees in Gefahr. „Im Schilfgürtel brüten zum Beispiel bis zu 60.000 Brutpaare des Teichrohrsängers“, erklärt Ornithologe Erwin Nemeth von BirdLife.

Das dreijährige Projekt mit einer Summe von 300.000 Euro soll unter Einbeziehung aller Akteure – also Land, Natur- und Umweltschutz, Grundeigentümer sowie Schilfschneider – die Zukunft der Schilfwirtschaft und die Qualität des europaweit einzigartigen Naturjuwels sichern. Denn die Schilfschneider sind ebenso auf ein gesundes Ökosystem angewiesen wie der Neusiedler See und der Schilfgürtel auf die ständige Bewirtschaftung und Pflege.

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Gemeinsame Strategie

Am Ende des Projekts sollen in Zusammenarbeit mit den Schilfschneidern schonende Erntemaßnahmen gefunden werden. „Als Grundbesitzer ist es uns ein großes Anliegen, auf die Nachhaltigkeit unserer Bewirtschaftung zu achten, schließlich sitzen wir alle im selben Boot“, betont Direktor Matthias Grün von den Esterhazy-Betrieben, die über rund 7500 Hektar des Schilfgürtels verfügen.

In dieser Woche gibt es das erste Treffen von Land, WWF, BirdLife, Esterhazy-Betrieben und Schilfschneidern, um die weitere Vorgangsweise zu besprechen. Der Erhalt des Schilfgürtels ist allen ein großes Anliegen: „Wir schneiden nicht aus Profitgier, sondern sehen uns als Naturpfleger“, sagt Brunner. „Nachhaltige Bewirtschaftung ist auch in unserem Interesse.“ Damit am internationalen Markt weiter hochwertiges Schilf vom Neusiedler See zu finden ist.