Chronik/Burgenland

Pflegeheime fürchten Kostendruck vom Land

Als Hans Peter Doskozil 2019 zum ersten Mal zum Landeshauptmann gewählt wurde, nannte er die Pflege und „die starke Positionierung des Sektors Staat“ als zentrale Anliegen seiner Regierung.

Der Staat positioniert sich seither im Burgenland immer stärker im Pflegebereich.

Zuletzt in der mobilen Palliativversorgung, die nun Teil der Sozialen Dienste Burgenland (SDB) ist. Wo die Landesgesellschaft früher nur koordiniert hat, die Leistungen vor Ort aber von den etablierten Hilfsorganisationen wie Hilfswerk, Caritas oder Diakonie erbracht wurden, ist die Landestochter nun Mädchen für alles. Mobile SDB-Teams fahren seit Jänner von den Stützpunkten Eisenstadt und Güssing aus das gesamte Burgenland an. 15 Mitarbeiter – darunter zwei Palliativmediziner – betreuen derzeit rund 250 sterbenskranke Menschen.

„Wahnsinn“

Bei Hilfswerk-Geschäftsführer Karl Schiessl häufen sich seither Beschwerden früherer Patienten, wie er dem KURIER erzählt. Zwei krasse Beispiele: Eine rumänische 24-Stunden-Pflegerin habe bei einem Patienten aus Unwissenheit eine Kanüle zur Schmerzmittelzufuhr durchgeschnitten. Als eine Hilfswerk-Mitarbeiterin zufällig zur Wundversorgung ins Haus kam, veranlasste sie sofort die Einlieferung des Mannes ins Spital.

Einer ebenfalls aus dem Bezirk Eisenstadt Umgebung kommenden Krebspatientin sei bei der Entlassung aus dem Krankenhaus nahegelegt worden, sich daheim die Schmerzinfusionen selbst zu verabreichen, weil sie ohnehin ausgebildete Pflegeassistentin sei. Die Frau habe sich ans Hilfswerk gewandt und eine Mitarbeiterin sei hingefahren, „obwohl wir dazu gar keinen Auftrag mehr haben“, so Schiessl. Die Entwicklung sei „ein Wahnsinn“, geschuldet dem Diktat von Einsparungen.

Bei den Sozialen Diensten Burgenland weist man die Vorwürfe zurück, von Beschwerden im Allgemeinen oder den geschilderten Fällen habe man nichts vernommen.

Bei der Zahl von 15 Mitarbeitern für die mobile Palliativversorgung halte man sich an die Vorgaben des Bundes, betont SDB-Geschäftsführer Johannes Zsifkovits. Die Qualität der Betreuung sei nun sogar besser, weil die Mitarbeiter der Palliativteams nur diese Tätigkeit ausübten.

Eingeräumt wird aber, dass das neue System „viel kostengünstiger“ sei als die Palliativversorgung durch Hilfswerk & Co. Diese Träger hätten durch die „Verstaatlichung“ Umsätze verloren und seien schlicht sauer.

Geld und Personal

Ums liebe Geld geht‘s auch bei Hauskrankenpflege und Pflegeheimen, die zum Gutteil durch Tagsätze des Landes finanziert werden. Mehrere vom KURIER kontaktierte Betreiber klagen darüber, dass die Tagsätze nicht kostendeckend seien. Bei den Sozialen Diensten Burgenland herrscht Verwunderung, in den eigenen Heimen komme man mit dem Geld gut aus.

In diesen Wochen wird über ein neues Tagsatzmodell für Pflegeheime verhandelt, das ab 2022 gelten soll. Heimbetreiber fürchten, das Land wolle es noch billiger haben, weil etwa bei Personalkosten nicht zwischen billigen jüngeren und älteren teureren Mitarbeitern unterschieden werde. Schon jetzt fehlten dem Hilfswerk mindestens zehn diplomierte Pflegekräfte, klagt Schiessl, weil das bestehende Tagsatzmodell keine Entlohnung wie in anderen Bundesländern erlaube.

Will das Land private Pflegeanbieter mürbe machen und aus dem Markt drängen? „Sicher nicht“, sagt Zsifkovits, das wolle man nicht und „das geht auch gar nicht“.