Melinda Esterházy beigesetzt: "Sie war eine Superfrau"
Von Georg Gesellmann
Freitagvormittag in der Landeshauptstadt. Gewöhnlich herrscht um diese Zeit reges Treiben in der Fußgängerzone. Doch gestern sperrten bereits gegen halb Elf die Standler ihre Läden zu. "Heute ist doch das Begräbnis von der Melinda", hörte man dann.
Die Begräbnis-Zeremonie begann bereits um 9.30 Uhr im Eisenstädter Dom. Ein Kondolenzbuch war aufgelegt. Stephan Ottrubay, Neffe der Verstorbenen, war vor neun Uhr dort. Er wollte keinen Medienrummel, wollte nicht fotografiert werden.
Und dann, schön langsam, kamen die ersten Gäste, die von Melinda Esterházy Abschied nehmen wollten. Man hatte den Eindruck, dass die, die gegen zehn Uhr kamen, eine innere Verbundenheit zu der einstigen Primaballerina (siehe Zusatzbericht unten) und Fürstin hatten.
Ein junger Mann – geschniegelt und gestriegelt – fiel am Domplatz auf. "Warum sind Sie hier?", war die Frage. Die Antwort: "Ich arbeite bei Esterházy und deshalb geh’ ich aufs Begräbnis der Fürstin." Ansonsten wusste er wenig Bescheid über Melinda Esterházy, die im 94. Lebensjahr kürzlich verstorben ist.
Einiges über die Fürstin weiß hingegen Nationalparkdirektor Kurt Kirchberger. Er will sich nicht ausbreiten, aber nur soviel: "Sie war einfach eine Superfrau."
Der emeritierte Eisenstädter Bischof Paul Iby über Melinda Esterházy : "Sie war immer sachlich und wirklich verständnisvoll". Ihm ist in Erinnerung, als es um Grundstücke für den Nationalpark ging: Sie wollte das bekommen, was die Bauern bekommen, nicht mehr und nicht weniger. "Das war schon sehr beeindruckend. Alle Achtung."
Ende einer Ära
Bischof Ägidius Zsifkovics: "Am Sarg der letzten Fürstin Esterházy sind wir alle heute historische Zeugen – nicht nur des Endes des Menschenweges der Primaballerina Assouluta, sondern auch des Endes von drei bis vier Jahrhunderten Fürstentum in dieser, unserer geliebten, pannonischen Heimat."
Die Bestattung in der Familiengruft bedeute auch "das Ende einer Ära." Melinda Esterházy sei "eine der Wegbereiterinnen des neuen, modernen Burgenlandes" geworden, meint Landtagspräsident Gerhard Steier (SP). Trotz unterschiedlicher Auffassungen, die sich aus dem Funktions- und Rollenbild ergeben hätten, habe sie "ihre Menschlichkeit, Paktfähigkeit und Kompromissbereitschaft auch gegenüber der Politik nie abgelegt." Sie sei glaubwürdig gewesen. Sie habe "durch ihr Streben, Tun und Handeln für das Burgenland und die Menschen wertvolle Arbeit geleistet."
Nach einer Andacht in der Franziskanerkirche erklangen die ungarische und die österreichische Nationalhymne. Danach wurde Melinda Esterházy im engsten Kreis in der Familiengruft im Kloster beigesetzt.
Melinda Esterházy wurde am 24. Mai 1920 als Melinda Ottrubay in eine bürgerliche Familie in Budapest hineingeboren. Tänzerisches Talent machte sich früh bemerkbar. Mit acht Jahren begann sie ihre Ausbildung an der Budapester Oper und schaffte es bis zur Primaballerina.
Fürst Paul Esterházy schickte der schönen Tänzerin nach einer Aufführung Blumen. Damit begann eine Liebesgeschichte, die durch welthistorische Ereignisse an Dramatik nichts zu wünschen übrig ließ. 1946 heiratete Melinda Ottrubay ihren Fürsten, der damals ein armer Mann war, denn in Ungarn war er enteignet worden.
Das Glück der beiden dauerte nicht lange. 1948 wurde Esterházy verhaftet, es folgten acht Jahre Kerker. Melinda verbrachte zu ihrer Sicherheit einige Zeit in einer Nervenheilanstalt. 1956 kam Paul Esterházy frei. Das Paar zog nach Zürich, von wo aus Güter und Immobilien verwaltet werden.
Nach dem Tod ihres Mannes 1989 übersiedelte Melinda nach Eisenstadt. Als Alleinerbin – die Ehe ist kinderlos geblieben – krempelte sie Besitz und Vermögen (geschätzte 1,2 Milliarden Euro) komplett um. Sie gründete mehrere Stiftungen, die von ihrem Neffen Stephan Ottrubay verwaltet werden.
In ihren letzten Lebensjahren lebte Melinda Esterházy sehr zurückgezogen. Am 27. August starb sie 94-jährig in Eisenstadt.