Esterhazy steigt gegen Ungarn in Ring
Von Thomas Orovits
Was Prozesse gegen mächtige Gegner betrifft, ist Esterhazy geeicht. Vor Weihnachten wurde der jahrelange Rechtsstreit mit dem Land Burgenland mittels „umfassender Vereinbarung“ ad acta gelegt. Neben einer Vergleichszahlung von 7,7 Millionen Euro vonseiten des Landes paktierten die früheren Gegner auch „eine enge Kooperation in Kulturfragen“.
Beides – eine umfassende Vereinbarung und eine enge Kooperation – strebt Esterhazy auch im Rechtsstreit mit einem ungleich mächtigeren und wohl auch unberechenbareren Gegner an, dem ungarischen Staat. Am 22. Februar soll vor dem „Hauptstädtischen Gericht“ in Budapest über die Zukunft von Kunstobjekten entschieden werden, die sich zum Teil über Jahrhunderte am Stammsitz der Esterhazy auf Burg Forchtenstein befunden hatten, ehe sie 1919 (das Burgenland war damals westungarisches Gebiet) im Zuge der knapp fünf Monate dauernden ungarischen Räterepublik nach Budapest verbracht wurden.
Lange Vorgeschichte
Ob bei der Verhandlung vor dem Zivilgericht Ende Februar eine Entscheidung fällt oder sich die Causa weiterdreht, ist offen. So lange wie die Vorgeschichte wird‘s hoffentlich nicht mehr dauern.
Die mehr als 260 Kunstgegenstände aus der Forchtensteiner Schatzkammer (Prunkpokale, Kelche, Schmuck, fürstliche Gewänder) wurden auch nach Ende der Räterepublik im Budapester Kunstgewerbemuseum als Deposit verwahrt. 1923, so argumentiert die Esterhazy-Gruppe heute, habe Fürst Paul V. Esterhazy eine Deposit-Vereinbarung mit dem Museum getroffen, in der der damalige ungarische Kulturminister „ausdrücklich“ Esterhazy als Eigentümer der Objekte anerkannt habe. Als sich Ungarn 1948 anschickte kommunistisch zu werden, wurde Pauls Besitz beschlagnahmt und verstaatlicht, der Fürst eingekerkert (1956 konnte er fliehen, 1989 starb er in Zürich).
In ungarischen Medien wird der Gesamtwert der 260 Objekte auf 100 Millionen Euro taxiert. Laut Esterhazy lasse sich das nicht so freihändig behaupten, dazu müssten die Kunstwerke versichert oder verkauft werden, was kein Thema sei.
Keine Rückkehr
Als die ungarische Regierung 2013 alle in staatlichen Museen verwahrten Objekte auf ihre Herkunft überprüfen wollte – um sie gegebenenfalls den rechtmäßigen Eigentümern zurückzugeben, hoffte Esterhazy auf Klärung offener Fragen. Man habe dem ungarischen Staat angeboten, „die wertvollen Sammlungsgegenstände weiterhin in Ungarn zu belassen“, erläutert Esterhazy-Kulturdirektor Karl Wessely. Im Gegenzug erwarte man „freien Zugang für Forschung und Wissenschaft und die Bereitschaft Ungarns, die Sammlungsteile gemeinsam mit den in Forchtenstein verbliebenen Teilen bei wichtigen Ausstellungen zusammenzuführen“ – so stellt Esterhazy demnächst in New York aus. Und Esterhazy will auch klipp und klar die Eigentümerschaft für die Objekte festgestellt bekommen.
Statt konkreter Verhandlungen habe Ungarn 2016 „die 70 wichtigsten Teile“ der 260 Objekte aus dem Budapester Kunstgewerbemuseum nach Fertöd ins Schloss Esterháza transferiert. Dort seien die Objekte weder sicher noch zugänglich, weil im Keller gelagert, ist Esterhazy alarmiert – und hat geklagt.