Ein neues Zuhause für Flüchtlinge
Von Roland Pittner
Ali S. kommt aus Afghanistan. Zwei Monate brauchte er von seiner alten Heimat bis nach Österreich. "Ein Monat und 20 Tage war ich in Traiskirchen", sagt der 17-Jährige. "Danach bin ich nach Rechnitz gekommen", fügt er auf Deutsch hinzu und lächelt. Seit 15. Jänner ist er im Haus der Jugend vom Diakonie Flüchtlingsdienst. Er sprach kein Wort Deutsch, wie die meisten, die hierher kommen und musste sich auf ein neues Umfeld einstellen.
"Wir bringen Neuankömmlinge meist mit anderen Jugendlichen aus ihren Herkunftsländern zusammen und haben so eine Art Mentor-System", sagt Sozialarbeiter Peter Schindler.
Integration
Mittlerweile hat sich Ali eingelebt: "Ich lerne Deutsch und arbeite ein bisschen." Die Hausarbeiten werden unter den 36 Bewohnern aufgeteilt, es wird geputzt und gekocht. "Wir versuchen etwas Verantwortung an die Jugendlichen zu übertragen", sagt Schindler.
Die meisten Bewohner kommen aus Krisengebieten wie Afghanistan, Somalia oder Syrien. Sie alle mussten fliehen, ihre Eltern sind oft tot, oder sie wurden bei der Flucht von ihnen getrennt. Über seine Familie will Ali nicht reden.
Hier in Rechnitz hat er sein zweites Zuhause gefunden und viele Freunde. Er will in Österreich bleiben, "ich lebe hier", sagt er. Sein Ziel, sowie jenes seiner Mitbewohner, ist ein positiver Asylbescheid.
Dafür wird auch Einiges getan. "Alle können Deutschkurse besuchen", sagt Schindler. Drei Mal in der Woche von neun bis zwölf Uhr gibt es Unterricht. Das Land Burgenland hat noch zusätzlichen Deutschunterricht genehmigt. "So können die Jugendlichen an der Volkshochschule Kurse belegen", sagt Schindler. Niemand wird gezwungen, "aber wir versuchen sie zu motivieren." Hauptziel des Flüchtlingsdienstes ist, dass sich die Jugendlichen wohl fühlen. Jedes Zimmer hat einen Betreuer, der die erste Anlaufstelle für seine Schützlinge ist. "So können wir Probleme in der Gruppe früh erkennen, besprechen und gemeinsam lösen", sagt Schindler.
Denn immerhin leben hier Burschen aus verschiedenen Ecken der Welt unter einem Dach. "Sie können Konflikte oft nicht mit Worten austragen", sagt Schindler. Aber alles in allem verlaufe das Zusammenleben friedlich. Es wird gemeinsam Tischfußball gespielt, oder zum Badeteich gegangen. "Wir fahren mit den Jugendlichen zu Veranstaltungen in der Umgebung: ,Fest 35 Jahre Stadtkapelle Pinkafeld’ oder zum ,Auto Crash’", sagt Schindler.
Die Freizeit können sich die Bewohner selbst einteilen. Neben Sport gibt es auch Kunstkurse oder die Pflege des Küchengartens. Aber auch Ausflüge zu Verwandten oder ehemaligen Mitbewohnern sind erlaubt. "In Wien können sie auch weggehen, eine Disco fehlt ihnen hier", sagt Schindler.
Mit 18 müssen die Jugendlichen in Rechnitz ausziehen. Auch Ali muss Ende des Jahres sein Zimmer räumen. "Ehemalige Bewohner kommen gerne auf Besuch", sagt Schindler. Sie hätten oft Heimweh und sehnen sich nach einem Treffen mit ihren früheren Betreuern und Freunden. "Das ist unser Gütesiegel fürs Haus."