Die Zufluchtsorte für Obdachlose
Alexandra G. (Name geändert) hat sich in jungen Jahren verliebt. Bald war die Nordburgenländerin Mutter eines Buben und eines Mädchens. Mit ihrem Mann übersiedelte sie nach Deutschland. Dort begann für sie der Albtraum: ihr Ehepartner begann, sie zu isolieren. Sie durfte nicht arbeiten gehen, musste tun, was er sagt. Eines Tages hat Frau G. ihre Koffer gepackt. Sie fuhr mit ihren beiden Kindern an der Hand zurück ins Burgenland. Weil Frau G. nicht krankenversichert ist, kein eigenes Einkommen hat und mit ihren Kindern in einem schimmligen Haus notdürftig untergekommen ist, droht das Jugendamt, ihr die Kinder abzunehmen. Im Zufluchtsraum im Caritas Haus Franziskus in Eisenstadt findet Alexandra G. mit ihrem Nachwuchs Unterschlupf – in letzter Sekunde.
„Es gibt für eine Frau nichts Schlimmeres, als die Kinder zu verlieren“, sagt Petra Frank, Sozialarbeiterin der Caritas in Eisenstadt. Das Gerücht, im Burgenland gäbe es keine Obdachlosigkeit, sei schlichtweg falsch.
Frank betreut jene Menschen, die im Zufluchtsraum in der Landeshauptstadt untergekommen sind. Das Klischee vom obdachlosen Mann reiferen Alters will Frank gleich widerlegen.
Auch Junge betroffen
„Viele, die zu uns kommen, sind alleinerziehende Mütter, die nach einer Scheidung nicht wissen, wo sie hinziehen sollen.“ Aber auch junge Menschen, die keine Ausbildung haben oder deren soziales Netz zusammengebrochen ist, würden immer wieder anklopfen. Dabei bietet der Zufluchtsraum weit mehr als nur ein Dach über dem Kopf.
„Wir begleiten diese Menschen, damit sie wieder das Mindeste haben, wie etwa eine Krankenversicherung und den Bezug der Mindestsicherung.“ Die Sozialarbeiter führen Gespräche mit den Klienten, sie analysieren gemeinsam das Wie und Warum der Notsituation und suchen nach Möglichkeiten, um einen Weg zurück in die Normalität zu finden. Die Nachfrage nach einem der zehn Betten ist groß, sagt Caritas-Sprecherin Uli Kempf, obwohl auch im Mutter+Kind=Haus in Wimpassing (Bez. Eisenstadt-Umgebung) Menschen vorübergehend eine Bleibe finden.
Im Landessüden bietet die Notschlafstelle eine vorübergehende Unterkunft für obdachlose Männer – insgesamt hat die Caritas im Burgenland 22 Betten für Menschen ohne eigenes Dach über dem Kopf zur Verfügung. „Die meiste Zeit, auch im Sommer, sind wir voll belegt“, sagt Kempf. Dabei, erklärt die Caritas-Sprecherin, sei die „versteckte Obdachlosigkeit“ noch weit höher.
Stadt-Land-Gefälle
„Bei der Obdachlosigkeit gibt es zwischen Stadt und Land große Unterschiede.“ Am Land versuche man so lange als möglich, irgendwo unterzukommen. Eine Notsituation zu gestehen, sei in der dörflichen Struktur, wo jeder jeden kennt, weitaus schwieriger, als in der Anonymität der Großstadt.
Aber es gibt auch immer wieder einmal ein Happy End, wie im Fall von Alexandra G.: Sie hat mithilfe der Caritas den Weg in ein neues Leben geschafft, hat eine Ausbildung gemacht und einen neuen Partner gefunden.