Chronik/Burgenland

Burgenlands Bauern behaupten sich am Markt trotz geringerer Ernte

Die heurige Getreideernte im Burgenland geht in den Endspurt, laut aktuellen Zahlen ist sie leicht unterdurchschnittlich ausgefallen. Mitverantwortlich dafür sind vor allem zwei Gründe: die turbulente Herbstwitterung im Vorjahr und die Marktsituation.

„Der feuchte Herbst ermöglichte nicht überall den geplanten Anbau des Wintergetreides. In Summe gab es im Jahr 2023 im gesamten Burgenland 15-30 Prozent mehr Niederschlag im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt. Auf einen warmen, durchschnittlich feuchten Winter folgte das wärmste Frühjahr der Messgeschichte", berichtete Nikolaus Berlakovich, Präsident der burgenländischen Landwirtschaftskammer. 

"Die intensiven Niederschläge im Mai und Juni waren anfangs sehr wichtig für die Kulturen, wurden aber auch rasch zu viel, was sich vor allem in der Qualität zeigt. Auf das gesamte Burgenland bezogen, erwarten wir eine geringere Erntemenge mit schwankender Qualität", so Berlakovich weiter.

  • Die gesamten Ackerflächen des Burgenlands sind gegenüber 2023 mit 156.977 Hektar annähernd gleichgeblieben (Fläche Burgenland: 396.500 Hektar). 
  • Bewirtschaftet werden sie zu rund 62 Prozent konventionell und zu 38 Prozent biologisch.
  • Die Flächengewinner sind Raps mit einem Plus von rund 10 Prozent und Soja mit einem Plus von 8 Prozent.
  • EU-weit wird bei Soja heuer übrigens eine Rekordernte erwartet, Österreich belegt unter den Erzeugern Platz 4.
  • Im Burgenland werden aktuell 53.200 Hektar Getreide bewirtschaftet. Der gesamte Getreideanbau ist im Vergleich zum letzten Jahr um 5,9 Prozent (rund 3.334 ha) zurückgegangen.

"Die Weizenanbaufläche geht seit Jahren zurück. So wenig Weizenanbaufläche wie heuer gab es zuletzt vor 30 Jahren", berichtete Berlakovich.

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"Nimmt man etwa die ersten Partien der Winterbaugerste, so war die Qualität durchaus zufriedenstellend", erklärte Hannes Mosonyi, Obmann des burgenländischen Agrarhandels, anlässlich der Präsentation der Erntebilanz 2024. 
 
Wie wichtig die Versorgung der Bevölkerung mit landwirtschaftlichen Produkten sei, zeige folgende Zahl: Der Pro-Kopf-Verbrauch von Getreide liegt in Österreich bei knapp 92 Kilogramm. Generell seien aber im gesamten EU-Markt Weizenproduktion und auch Weizenvorräte am Sinken, so Mosonyi. 
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Auch in den heimischen Lagern würde weniger Weizenmehl als im Vorjahr liegen. Zurückzuführen sei das auf eine erhöhte Vermahlung und rege Exporte, so Mosonyi: "Österreich exportiert traditionellerweise große Mengen an qualitativ hochwertigem Weizen und Mais nach Italien sowie Richtung Deutschland und Schweiz. Die Importe stammen vorwiegend aus den osteuropäischen Nachbarländern Ungarn, Tschechien und Slowakei."

"2022 war eine positive Ausnahme"

„Der Getreideerzeugerpreis von rund 373 Euro je Tonne (exklusive Umsatzsteuer) im Jahr 2022 war eine positive Ausnahme. Momentan liegt der Preis für Qualitätsweizen mehr als 100 Euro je Tonne darunter“, so Berlakovich. Er fordert, dass sich bei den Preisen etwas tue, damit die Landwirte eine Perspektive hätten.
Der Agrarhandel im Burgenland zählt 177 Mitglieder. "Fast keine andere Berufsgruppe hat in den vergangenen Jahren so weitreichende Veränderungen miterlebt wie die Landwirtschaft", gab Mosonyi zu bedenken. Begrüßenswert sei das erst kürzlich verlängerte Handelsabkommen der EU mit der Ukraine. "Wichtig bleibt für uns aber die Forderung nach einer Anhebung des höchstzulässigen Gesamtgewichts von 40 auf 44 Tonnen bei Agrartransporten mit dem Lkw, um so schnell und unbürokratisch mehr Nutzlast auf die Straße zu bringen."
Wetterextreme schädigen wiederkehrend die Landwirtschaft. Mario Winkler, Kommunikationsleiter der österreichischen Hagelversicherung: "Wir stehen vor einer drängenden Herausforderung: der Klimaerhitzung. Das Jahr 2023 war global und national das wärmste Jahr, das jemals aufgezeichnet wurde."
 
Auch in Österreich sind die Folgen spürbar: Der heurige Frühling war der wärmste in der 258-jährigen Messgeschichte, die Anzahl der Hitzetage hat sich in den letzten Jahrzehnten fast verdreifacht. Die Konsequenz der Erderwärmung sind häufigere und intensivere Wetterextreme wie Frost, Hagel, Sturm, Überschwemmung und Dürre, welche die Landwirtschaft mit ihrer Werkstatt unter freiem Himmel schwer treffen. 
 
Allein im Burgenland entstand im heurigen Jahr ein agrarischer Gesamtschaden von 4,5 Millionen Euro (3 Mio. durch Unwetter, 1,5 Mio. durch Frost; Anm.), wobei die Unwettersaison noch rund zwei Monate dauert. Jedes Zehntelgrad im Kampf gegen die Erwärmung sei von unschätzbarem Wert und bedeutet weniger extreme Wetterereignisse, so Winkler. 
 
Ein umfassendes Risikomanagement auf Basis eines Public-Private-Partnership-Systems sei unabdingbar und folge dem internationalen Trend. "Als agrarischer Spezialversicherer für Naturkatastrophen und größter Tierversicherer leisten wir so einen Beitrag zur Absicherung des Agrarstandorts und der heimischen Lebensmittelversorgung."
Landeshauptmannstellvertreterin Astrid Eisenkopf, für Agrarfragen zuständiges Regierungsmitglied, betonte: "Der burgenländische Weg ist ein Bekenntnis zu verstärkter natürlicher Produktion und artgerechter Tierhaltung. Erstmals können Landwirtinnen und Landwirte aus der Ernte 2024 das neue AMA-Gütesiegel ,Getreide mit gesicherter Herkunft aus Österreich´ vermarkten." Der Beitrag der Ackerbauern zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit, Biodiversität sowie zum Klimaschutz werde nun erstmalig sichtbar gemacht.
 
Die Anzahl der Biobetriebe im Burgenland, die am ÖPUL-Programm teilnehmen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 38 neue Betriebe erweitert. Die Tendenz ist somit noch immer leicht steigend. Insgesamt nehmen heuer 1.196 Betriebe daran teil.

Erfahrung sorgt für gute Ernten

Warum es für einen Erfolg bei der Ernte in Zeiten von intensiven Niederschlägen viel Flexibilität braucht, weiß Markus Fritz, Prokurist von "Pannatura": "Durch den Regen war der Schädlings- und Beikrautdruck hoch, gleichzeitig gab es aber nur enge Bewirtschaftungszeitfenster aufgrund eingeschränkter Befahrbarkeit der Flächen." Immer stärker gebe es regionale, oft kleinörtliche Unterschiede. 
"Die Auswahl von standortangepassten Kulturen sowie der Zeitpunkt und die Art des Ackerbaus entscheiden über den Erfolg", so Fritz. "Das Wissen um die Besonderheiten des jeweiligen Standorts, eine gut abgestimmte Fruchtfolge und unsere fachliche Expertise sichern bei Pannatura einzigartige Produkte regionaler Herkunft und höchster Bio-Qualität."
 
Bioproduzent Martin Pinczker gab bei der Präsentation zu bedenken: "Rund 40 Prozent der Flächen werden im Burgenland biologisch bewirtschaftet. Ohne Einsatz von Düngemitteln und chemischen Pflanzenschutz ist man hier von Klima und Witterung noch stärker betroffen als im konventionellen Anbau." Deshalb brauche es ein Bekenntnis zu regionalen, lokalen Lebensmitteln entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um diese Herausforderungen auch wirtschaftlich bestmöglich meistern zu können.